Kahlwandspitze und Gfällturm

„Das auffälligste Bergmassiv der Steiermark, das mit dem  Großen Grimming auch deren zünftigsten Gipfel trägt, ist der Felsstock des Grimming im oberen Ennstal. Aber er ist ein Gebirge nur für Hochalpinisten. Doch in in der mittleren Steiermark gibt es einen Riesenberg, der ihm an Ausdehnung ebenbürtig und von gleich beherrschender Lage ist: der Reiting. Ich möchte ihn den Grimming der Bergwanderer nennen. Er hat viel Ähnlichkeit mit seinem großen Bruder! Nur um 100 m niedriger, ragt er allseits frei über tiefe Täler“ (Buchenauer).

Der Reitingstock, hineingepflanzt in das Liesingtal, bezeichnet mit seiner höchsten Erhebung, dem Gößeck (2214 m), auch den höchsten Punkt in den Eisenerzer Alpen.  Dem Gößeck gilt aber unser heutiger Besuch nicht. Wir möchten in einer Südnord-Route über die Klauen (1849 m) auf die Kahlwandspitze (2090 m).

Ob die Bewohner dieser Siedlung jedes Wochenende in den so nahen Bergen verbringen? Oder würden sie lieber am Meer wohnen?

Von Mautern weiter in den Zitritzgraben, kann man mit dem Auto bis zum Klock auf fast 1000 m fahren.  Von dort geht es noch ein kurzes Stück auf der Forststraße fast bis zur verfallenen Schneideralm.

Der Wildreichtum der Gegend zeigt sich schon alleine an den vielen Wildzäunen.

Wunderbarer Blick zum Seckauer Zinken – Hochreichart – Geierhaupt.

Es ist der 9. April, und in anderen Jahren wäre dies noch eine Skitour. Jetzt schaut es, zugegeben südseitig, so aus:

Westlich dem Reiting vorgelagert, erhebt sich der Gfällturm (1655 m). Vielleicht werden wir am Rückweg für eine Besteigung noch genug Zeit finden.

Erster Anblick unseres Tageszieles. Kahlwandspitze mit ihren westlichen, steinigen Abbrüchen.

Jetzt ist eine wichtige Frage für Bergwanderer beantwortet! Die Frage lautet: Was war zuerst da – der Wildzaun oder die Überstiegstreppe? Dieses Bild beantwortet die Frage…

Durch blühende Krokusfelder führt der Weg auf die Kaiseralm (ehem. Brandneralm).

Wildfeld, Stadelstein und Schwarzenstein zeigen sich noch schneebedeckt. Aber ganz kann der Schnee deren Blößen nicht mehr bedecken.

Wir kommen an einer verfallenen Jagdhütte auf der Kaiseralm vorbei. Nicht weit entfernt, unterhalb dieser Hütte, mündet ein Steig vom Gfällturm kommend, in den markierten Aufstiegsweg ein.

Die Schneegrenze wurde mit einem großen Lineal durchs Bergland gezogen.

Die Jagdhütte auf der Kaiseralm ist noch winterfest verpackt, aber bei diesen Wetteraussichten sicher nicht mehr lange.

Auf ca. 1600 m begegnen wir den ersten kümmerlichen Schneeresten.

Es dauert nicht lange und wir befinden uns am Kamm. Hier mündet der Aufstiegsweg von Kammern ein. Wir waren schon gespannt, wie schneereich sich der Weiterweg präsentieren wird und sind fast enttäuscht, dass so wenig Schnee liegt.

Der Tiefblick ins grüne Tal mit Trofaiach.

Ich wusste schon einmal, wie diese Wolkenbildungen zustande kommen. Mein Gedächtnis blamiert mich aber, und ich kann mich nicht erinnern.

Über die Klauen (1849 m), den südlichen Eckpfeiler des Reitingstockes, sind wir bereits gestiegen und jetzt geht es in leichtem Abstieg und dann wieder Anstieg weiter.

Immer wieder steigen wir durch kleine aufgeweichte und hüfttiefe Schneefelder.

Für den Blumenreichtum, der diesen Berg auszeichnet, sind wir zu früh dran. Aber das kommende Sprießen und Blühen liegt schon in der Luft.

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Für den nächsten Abschnitt des Weges hat Auferbauer die Bezeichnung „Karsttälchen“ gefunden. Wirklich geht man durch eine kleine Furche, die links und rechts durch wenige Meter hohe Steinmauern begrenzt wird.

Vor uns zieht sich der Einschnitt des Kaisertales zum Kamm. Laut Karte sollten noch Markierungsreste vorhanden sein. Vielleicht besuche ich den Reiting auch einmal über das Kaisertal.

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Im erstem Führerwerk über die Eisenerzer Alpen (Scharfetter/Buchenauer) wird auf den geologisch komplizierten Aufbau des Reitingstockes hingewiesen. Es gibt richtige Karsterscheinungen und auch ein Höhlensystem. Das mit dem See im Inneren hat sich als falsch herausgestellt – den gibt es nicht.

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Die Kahlwandspitze (2090 m) und der Rückblick auf den zurückgelegten Kammweg.

Faszinierend sind die Tiefblicke, ob östlich oder westlich. Östlich in das Trofaiacher Becken und in das Liesingtal und westlich über die Steilabbrüche in die Schönau.

Direkt am Gipfel ist es uns durch den leichten Wind dann doch zu kühl. Wir beziehen eine tiefergelegene Senke, um mit herrlichem Ausblick zu Jausnen.

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Wir beschließen, nicht auf den Grieskogel oder das Gößeck weiterzugehen, sondern im Abstieg den Gfällturm noch zu besteigen. Auf dieser auch Gfällerwand genannten, felsigen Mauer, waren wir beide noch nicht.

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Der Schnee wir durch den Tagesgang immer tiefer.

Noch oberhalb der Jagdhütte auf der Kaiseralm gibt es eine Verbindung zum Gfällturm. Wir sind der Meinung den Weg gefunden zu haben. Er ist in keinem guten Zustand, und erst in einem steilen, gerodeten Bereich sehen wir den echten Weg einmünden. Wir sind einige Meter über dem richtigen Weg das ganze Stück bis nördlich unter den Gipfel gegangen. Ich war der Meinung, mein GPS ist heute nicht ganz so genau, weil der Weg nur knapp oberhalb der eingezeichneten Spur verläuft.

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Wir gehen um den steil abfallenden Gipfel herum und zum Teil durch sehr steiles Gelände bis zum höchsten Punkt. Wirklich lohnenswert und spannend. Gipfel: Gfällturm (1655 m).

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Im Abendlicht unsere heutige Ziele: die Kahlwandspitze und…

…der Gfällturm.

Im Anstieg ca. 1560  Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 16,3 km. 

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Eisenerzer Alpen (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Auferbauer (2001): Gesäuse mit Eisenerzer Alpen, Wanderführer, Bergverlag Rother, München.

Buchenauer (1976): Bergwandern in der Steiermark, Tyrolia Verlag, Innsbruck.

Frischenschlager et. al. (1999): Mürztaler Berge (Rax, Schneealpe u. Hohe Veitsch),
Hochschwab, Eisenerzer Alpen, Wanderführer, Leopold Stocker Verlag, Graz.

Peterka (1982): Eisenerzer Alpen, AV Führer, Bergverlag Rother, München.

Scharfetter/Buchenauer (1978): Eisenerzer Alpen, Bergwandern, Klettern, Schifahren, Verlag Styria, Graz.