Restlschneeschitour – vom Scheiterkogel zur Schmalzmauer

Viel zu wenige Schitouren hinterließen diesen Winter ihren Spuren in meinem Tourenbuch. Aber ich bin selber schuld, denn die Reise in die schneereiche Tauernsüdseite war mir zu weit, und für arbeitsfreie Wochentage (um Schönwetterfenster zu nutzen) war ich nicht gut genug organisiert. Mit diesen simplen Maßnahmen wäre ich zu mehr Touren gekommen und bräuchte jetzt nicht zu lamentieren. Aber eine geht noch…

Für heute ist schlechtes Wetter prognostiziert mit Regen und Gewittern am Nachmittag. Diese kleine Runde am Hochkar sollte sich aber noch blitzfrei ausgehen. Wird doch geblitzt, bin ich schnell wieder in Sicherheit. Ich will auf der ruhigeren Seite des Schigebietes über den Scheiterkogel zu Schmalzmauer und Leckerplan gehen und auf Schneeresten über die Piste abfahren.

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Das Schigebiet ist heute nur noch mit halber Kraft unterwegs. Die Lifte in meiner Nähe (Leckerplan) werden nicht mehr in Betrieb genommen, und das soll mir recht sein. Im Vorjahr war ich ja nach Betriebsschluss unterwegs (Blitztour Hochkar). Im Bild ist der steile Thomas Sykora-Hang zu sehen. Ist er weiß gescheckt oder braun gescheckt – wer kann das schon beantworten?

Scheiterkogel_004 (CC)

Dieser Schlauch stellt den Kinderlift dar. Ob es sich um einen Windschutz für die Kinder handelt oder einen Schallschutz für die Eltern, wäre noch herauszufinden.

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Ich folge der Piste in Richtung Hochseilgarten. Diese Seite des Schigebietes gehört heute mir. Gesellschaftsmüde wie ich bin, passt es gut. Pulverschnee sieht zwar anders aus, aber Hauptsache ist: Skitour!

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Schon lange wird hier nicht mehr beschneit. Zwei kurze Unterbrecherstücke übergehe ich sprichwörtlich.

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Es ist warm, sehr warm, auch Nächtens kommen keine Minusgrade mehr zustande. Somit patsche ich bereits morgens über feuchten, nassen Schnee. Gegenüber am Häsing (1721 m) wird es auch nicht anders sein, denke ich mir.

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Über dem Blachlboden erhebt sich mein erster Gipfel. Den muss ich ohne Schi in meinen Schischuhen besteigen.

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Schnell erreiche ich das Wasserreservoir für die Beschneiungsanlagen. Hier beginne ich den schilosen Aufstieg auf den Scheiterkogel.

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Der Einstieg fällt steinig, steil, aber sehr gefällig aus.

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Es findet sich sogar ein Alpin-Ikebana am Weg. Dadurch wird mein Aufstieg zu Kadō (Weg der Blumen) veredelt.

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Im oberen Teil ist der Scheiterkogel wehrhafter, als ich angenommen habe. Ich erreiche den felsigen Aufbau und muss erkennen, dass ein östliches Umgehen dieser Steilstufe bei Schnee mühsam werden könnte. Somit weiche ich…

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…westlich aus und gelange durch tiefen, saugenden, sich festklammernden Schnee…

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…auf eine noch schneereichere Wiesenfläche.

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Nach Überwindung dieser weiteren Schneefalle ohne Schi, stehe ich am höchsten Punkt und strafe somit seinen Namen Lügen. Von wegen Scheiterkogel.

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Noch immer bin ich auf der Suche nach der Schokoladenseite meines Gesichtes, solange ich dieses nicht gefunden habe, gibt es immer wieder ein Gipfelfoto. Heute Scheiterkogel (1654 m).

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Der Ausblick ins Tal erhält heute ein Nichtgenügend. Da muss ich streng bleiben.

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Rechts im Bild der Hochkargipfel (1808m), und gerade noch zu erkennen, das Hochkarhaus. Das Kreuz beim Klettersteig kann ich nicht erkennen.

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Weißgrau auf schmutziggrauem Hintergrund kann ich die Schmalzmauer erkennen. Da will ich gemütlich hin skitouren.

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Ohne Pause steige ich wieder zum See ab.

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Einen Teil meines unkomplizierten Weiterweges kann ich gut einsehen. Unterhalb des Roterdkogels mit seinen Abbrüchen (links im Bild) führt die Markierung der Alpintour. Ich bleibe aber auf der rechts im Bild zu sehenden Piste.

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Auf ein Sonnenfenster hoffe ich vergebens, es bleibt diesig und grau. Es gibt auch keinen Wind, und wie ein dicker Karpfen im trüben Gewässer grundle ich gemächlich stromaufwärts.

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Rasch erreiche ich den Rücken der Schmalzmauer. Dieses Schupferl vor mir ist bereits der höchste Punkt.

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Die letzten Meter müssen wieder ohne Schi gelingen.

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Überrascht bin ich von den steilen Abbrüchen, die vor mir ins Seelucken Kar stürzen. Mit solch einem Abgrund habe ich jetzt nicht gerechnet.

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Versteckt hinter einer Sonnenbrille und einem breiten Stirnband pfeife ich auf eine Schokoladenseite. Man kann im Leben nicht alles haben. Kleine Ohren sind auch nicht schlecht. Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Schmalzmauer (1760 m).

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Niesel – Nebel – Niemandsland (P.Handke)

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Wenn man gerade der heilsamen Wirkung der Einsamkeit bedarf, sind solche Touren Balsam für die Seele. Weißgraue Trübnis vermischt sich mit der eigenen Schwermut an solchen Tagen. Diese Landschaft ist ein gutes Behältnis für meine Melancholie.

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Für eine kleine Weile klart das Gewässer, und gibt den Blick zum Scheiterkogel frei.

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Nach einer kurzen Abfahrt hänge ich die pitschnassen Felle noch einmal auf meine Schispitzen. Die Felle kleben überhaupt nicht mehr. Steif wie auf Stelzen presse ich meine Schi samt Felle gegen den Schneegrund. Ohne die Knie zu beugen, mit permanenten Bodenkontakt, gewinne ich langsam wieder an Höhe.

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Ich wandere diesen „Knapping“ genannten Kamm längs seiner alpinen Abbrüche zur Leckerplan weiter.

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Im Rückblick kann ich dem Nebeltier beim Verdauen der Schmalzmauer zusehen.

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Wie die Bewohner des Waldes im Frühjahr ihren Winterpelz abstreifen, streifen meine Schi ihre Aufstiegsfelle jetzt endgültig ab. Ohne sie sinke ich in Kamm- und Latschennähe bis zur Hüfte ein. Das alles geschieht knapp unter dem letzten Höhepunkt der heutigen Tour. Schritt für Schritt ziehe ich meine Füße aus dem grundlosen Schnee, um sie erneut mit wenig Raumgewinn wieder darin zu versenken.

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Jetzt ist es definitiv vorbei mit der süßen Seite meines Antlitzes. Auf die große Schneewechte am Gipfel habe ich mich nicht getraut, und um meine gelittene Anstrengung dramatisch zu verbildlichen: Schwarzweiß-Gipfelfoto Leckerplan (1732 m).

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Alleine aus meiner ungelenken Tollpatschigkeit beim Anschnallen der Schi im hüfttiefen Schnee mit meinen Verrenkungen und Umfallern, hätte Stan Laurel einen Slapstick Klassiker fürs Kino gedreht. Wenn es nicht so anstrengend wäre, würde ich jetzt selber übersprudelnd lachen müssen. Nach einer erforderlichen Schi-Anschnall-Erholungspause fahre ich an der Bergstation vorbei, in wenigen Minuten…

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…über die sterbende Piste…

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…zu meinem Ausgangspunkt zurück. Dort begegne ich dem ultimativen Kinderglück im Winter: Zipfelbob und Kinderschi! Da kann die Nase laufen so viel sie will…

Diese Schiwanderung verdient eine Wiederholung bei sonnenklarem, weitsichtigen Wetter. Ich möchte Sie uneingeschränkt empfehlen. Überhaupt ist das Dahinwandern am Hochkar eine genussreiche Angelegenheit und schreit förmlich nach einer Replik.

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Im Anstieg ca. 500 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 7,5 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

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Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

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Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Baumgartner/Tippelt (2013): Wandererlebnis Ötscher, Ybbstaler Alpen. Kral Verlag, Berndorf.

Steffan/Tippelt (1977): Ybbstaler Alpen. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.

Tippelt (1995): Wanderführer Ybbstal & Ötscherland. Ennsthaler Verlag, Steyr.