Es gibt zwei ungleiche Brüder in den Ybbstaler Alpen. Der größere der beiden ist weithin sichtbar, höher als tausend Meter, mit Alpenvereinshütte und Aussichtsturm auf seinem aussichtsreichen Gipfelplateau. Viele Besucher tragen sich zu allen Jahreszeiten in sein Gipfelbuch ein. Dem anderen, dem kleineren, fehlen 58 Meter zum Tausender. Ihn besuchen fast nur Einheimische. Obwohl es keine Aussicht vom umwaldeten Gipfel gibt, ist ein Besuch äußerst lohnend. Darum besteige ich wieder einmal den Maisberg bei Ybbsitz.
Der Maisberg (942 m) links im Bild und der Prochenberg (1123 m) von Atschreith fotografiert.
Zwischen Waidhofen/Ybbs und Ybbsitz liegt etwas abseits das Bauernhaus Großhöll. Meine heutige Tour ist an die übliche Schiroute angelehnt, und so parke ich mein Auto knapp unterhalb des Bauernhauses.
Von den Enten am Bach werde ich wie der Fuchs begrüßt. Mit lautem Geschnattere und Schlagen mit den gestutzten Flügel gibt es gehörigen Tumult.
Im Graben links vom Hof gehe ich neben dem Bach einen Ziehweg hoch.
Die Seite gegenüber wärmt sich schon in der Morgensonne. Auch für mich wird die Sonne heute noch scheinen.
Im oberen Abschnitt des Ziehweges, von Kuhtritten tief verfurcht, verlieren sich die Grenzen zum Bach, sozusagen ein fließender Übergang.
Jetzt trennen mich nur noch wenige Schritte vom wärmenden Sonnenschein. Durch das letzte steile Stück ist mir aber auch so schon angenehm warm geworden.
Ich bin mittlerweile oberhalb der Hintersteinmauer (Hintsteinwand) auf dem markierten Zustieg angelangt. Die Markierung ist keinesfalls aufdringlich, und dass ich nicht vom rechten Weg abkomme, verdanke ich meinen Winterkenntnissen. Den Wiesengrat steil aufwärts geht es weiter.
Der Raureif wird immer weiter hinter die Schattengrenzen zurückgedrängt.
Links zweigt eine Spur zum felsigen Aufbau hinter dem Johann-Lueger-Kreuz ab. Mit seiner Überschreitung könnte ich Zeit gewinnen, da er eine Abkürzung zum Normalweg darstellt. Ich habe aber reichlich Zeit und gehe gemütlich den Normalweg.
Ich erreiche die große Wiese unterhalb des Gedenkkreuzes. Vor mir sehe ich, von Bäumen umsäumt, die soeben nicht überschrittene Felskuppe. An meinem jetzigen Standort wird sich auch der Kreis meiner heutigen Runde schließen, weil ich von der gegenüberliegenden Seite (Windspreizenkapelle) im Abstieg wieder an diese Stelle komme.
Ich komme zum Johann-Lueger-Kreuz…
…und besteige noch die Felskuppe, um ein paar Fotos zu machen. Eine Aufnahme von meinen Hausbergen (Buchenberg, Eibenberg, Glatzberg) und ein Foto…
…in das Tal und gegen Osten.
Ich gehe über die Bergwiese steil aufwärts zum Wald, der den Gipfel verdeckt. Hier habe ich noch eine fantastische Fernsicht.
Links im Bild der Friesling, und dahinter ist der Königsberg zu sehen und der Rücken des Bauernbodens (Oisberg).
Blick zu Schwarzenbachberg (961 m) und Sieben Hügel (906 m).
Die letzten Meter geht es auf einer Schneise durch sonst dichten Wald.
Einen kurzen Abschnitt dieses Willi-Scheiblauer-Weges werde ich im Abstieg auch noch begehen.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Maisberg (852 m).
Nur wenige Meter am Grat entfernt gibt es noch ein Gipfelkreuz – warum auch immer. Ich will im Abstieg den alten Gratweg gehen. Es sind noch blasse Markierungen und ebenso blasse Wegspuren vorhanden, aber im Grunde brauche ich beides nicht.
Hier erlebe ich meine erste Schneeberührung an diesem Tag. Schon am Gipfel habe ich aufheulende Motorsägen vernommen. Jetzt wird es immer lauter, und ich höre auch Bäume ächzend fallen. Das gefällt mir jetzt gar nicht. Ohne noch die Verursacher des ganzen Radaus sehen zu können, entscheide ich mich, den Grat zu verlassen.
Ich steige zu einer Forststraße unterhalb des Kammes ab und wandere zum zuvor erwähnten Willi-Scheiblauer-Weg zurück.
Ich steige auf einem brauchbaren, markierten Steig über die Ostseite Richtung Ybbsitz ab. Dies dürfte auch der häufigste Anstiegsweg der Ybbsitzer sein. Aber ich gehe diesen Weg nur soweit, bis ich die Forststraße zur Südseite erreiche.
Am Rückweg glaube ich, mit dieser Forststraße besser dran zu sein und…
…ernte wieder einmal ein paar steile, rutschige Waldabstiegsmeter. Ohne solche Wegstrecken gelingt mir zurzeit keine Wanderung.
Punktgenau gelange ich an dieser sonderbaren Abzweigung wieder auf den markierten Weg. Ganz links im Bild ist ein Wegweiser erkennbar – er zeigt den Abstieg in die Noth an, der Ziehweg in der Mitte führt nirgendwo hin und ganz rechts ist mein Weiterweg ausgeschildert.
Gleich nach der Abzweigung gelange ich an die Schlüsselstelle dieser Wanderung. Der rutschige tiefe Boden zwingt mich sogar, die Hände einzusetzen. Der Weg führt links im Bild um diesen felsigen Vorsprung herum.
Stellenweise ist der Weg gut erkennbar und grün-weiß markiert…
…an anderen Abschnitten befindet er sich in nicht so guter Verfassung. Zum Beispiel wurde der Weg in diesem Schlag überhaupt gleich zu- und somit für die nähere Zukunft sogar weggepflanzt.
Nach diesen Waldabschnitten erreiche ich wieder Bauernland – im Wiesensattel oberhalb des Bauernhauses kann ich schon die Kapelle (Windspreizen) erkennen.
Ich mache in der Sonne, gleich neben der Kapelle, eine kurze Pause.
Immer auf einer alten Forststraße im steten Wechsel von Sonnenschein und Schattendunkel, gehe ich zum Aufstiegspfad zurück.
Ich bleibe nur kurz auf meiner Aufstiegsspur und besuche die Hintsteiner Wand. Danach steige ich über das darunter befindliche Bauernhaus ab. Zutreffend ist auch der Hausname.
Rückblick zur Hintsteiner Wand.
Jetzt schlendere ich nur noch diese herrliche Weide zu meinem Auto zurück.
Der Nachmittagssonne fehlt es noch an Höhe, und so gelingt es ihr nicht, über diesen kleinen Waldmugel zu strahlen.
Diese Variante auf den Maisberg bin ich so noch nie gegangen. Es ist faszinierend, wieviel Neuland bzw. Neuweg ich in meiner nächsten Umgebung noch für mich entdecken kann. Bemerkenswert finde ich auch einen Eintrag vom Vortag im Gipfelbuch. Der beste Kenner der Ybbstaler Alpen und Verfasser vieler Wanderbücher, Werner Tippelt, hat sich eingetragen. Sogar einen „Alpenvereinsführer Ybbstaler Alpen“ hat er mit J. Steffan verfasst (unglaublich, aber es gibt wirklich einen AV-Führer „Ybbstaler Alpen“ vom Bergverlag Rudolf Rother). Er hat die Stationen seiner Wanderung im Gipfelbuch notiert, und wenn ich mich nicht irre, ist er die Tour 47 (Umrundung der Maisbergrotte) aus seinem 1995 erschienen Führer „Ybbstal & Ötscherland“ nachgewandert. Gerne hätte ich ihn getroffen und ein paar Worte mit ihm gewechselt. Vielleicht ein andermal.
Im Anstieg ca. 685 Hm und zurückgelegte Strecke ca.8,2 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region Ybbstaler Alpen (Auswahl):
- Unwiderstehliche Lockstofffallen in Waidhofen/Ybbs: Atschreith – Witkogel – Grasberg
Witkogel (830m) - Tour durch die Schlucht
- Mittelgeheime Geheimwanderung in Waidhofen/Ybbs
Glashüttenberg (868m), Weißes Kreuz (969m), Sulzkogel (868m) - Großer Zeller Hut (1639 m): №8 der Big Five in den Ybbstaler Alpen
Großer Zeller Hut (1639m), Hüttenkogel (1473m), Mittlerer Zeller Hut (1586m) - Berg mit geringer Mortalitätsrate nebst Dann-und-wann-Tsunami: Ringkogel (1668 m)
Hocheck (1390m), Kesselberg (1657m), Ringkogel (1668m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Steffan/Tippelt (1977): Ybbstaler Alpen. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.
Tippelt (1995): Wanderführer Ybbstal & Ötscherland. Ennsthaler Verlag, Steyr.
Epilog
Bilder vom 5.9.2005 von der Noth auf den Maisberg
Von dieser Wanderung existieren nur vier Bilder und lustigerweise sind auf der Hälfte davon Hochlandrinder zu sehen…
Diese Wanderung haben wir, ausgehend von der Noth, zum Teil auf unmarkierten Wegen unternommen.
FIN