Von Riff zu Riff – Soma Bay und Triebenstein

Einen Tourenbericht der nicht nur tausende Kilometer Entfernung, sondern auch hunderte Millionen Jahre zum Thema hat, habe ich auch noch nicht verfasst.  Aber unser Aufenthalt am Roten Meer bei den Korallenriffen in der Soma Bay und mein Besuch des Korallenstocks im Triebental gleich nach unserer Heimkehr, will einfach so miteinander verknüpft werden.

Bei jeder Anreise in die Triebener Tauern fällt mein Blick unweigerlich auf die von Wald gesäumten, steilen Abbrüche des Triebensteins.

Dann lese ich bei Helmut Seiringer mit nur wenigen Fotos garniert, dass man den Triebenstein über den Westgrat überschreiten kann. Jetzt bin ich hellwach, mein Interesse ist geweckt, und ich beginne zu recherchieren.

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Ich finde nicht viel in meinen Büchern, und auch im Internet kann ich nichts Brauchbares zur Überschreitung nachlesen. Aber ich finde einen Hinweis, dass sich durch den Triebenstein ein Korallenstock samt fossilführender Karbonate und Kalkmarmore zieht.  Das gibt mir den notwendigen Anstoß, die Tour jetzt zu unternehmen.

Wir sind erst am Vortag vom Schnorcheln im Roten Meer wieder daheim angekommen. Nach den farbenfrohen lebendigen Korallenriffen im Meer, ist der Besuch eines ca. 300 Millionen Jahre alten Riffs ein interessanter Kontrapunkt.

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Diese Wanderung beginne ich bei der Kirche in Hohentauern. Ich ignoriere die neu ausgeschilderte Route und gehe gleich hinter der Kirche über die große Wiese.

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An dieser Ansammlung von Chalets (Sennhütten?) vorbei, schlendere ich bis zum Waldrand…

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…und diesem Schild. Ich wußte nicht, dass man einen ganzen Wald oder Berg mit einem solchen Schild sperren kann. Kann man auch nicht! Darum ignoriere ich es und gehe weiter.

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Spuren des ursprünglichen Weges finden sich nicht mehr. Sehr aufwändig wurde die Schneise zu gepflanzt. Ich erreiche das Wochenendhaus des vermutlich Verantwortlichen. Ein Villacher hat sich hier ein wunderbares Domizil geschaffen, und ohne vorbeihechelnde, schnaufende Wanderer ist es auch ruhiger.

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Unübersehbar ist der Junineuschnee in der Bösensteingruppe.

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Gleich hinter dem Haus gehe ich diese langgezogene Lichtung hoch…

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…immer gerade aus, auf dem alten, zu gepflanzten, nur noch im GPS erkennbaren Pfad .

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Weil sowieso kein Pfad mehr erkennbar ist, weiche ich etwas weiter oben zum Grat aus…

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…und kann über den schroffen, gezackten Abbrüchen den Gipfel sehen.

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Die Gipfelkuppe ist aus bröckeligem Gestein und sehr steil.

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Im Jahre 2005 ist die Direktorin der Volksschule Hohentauern in diesen Schrofen tödlich verunglückt. Ihr wurde eine kleine Gedenktafel errichtet (rechts im Bild).

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Schon kurz vor dem Gipfel kann ich einen Teil meines schmalen Weiterweges einsehen. In der Bildmitte ragt der Kleine Triebenstein im Grat auf.

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Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Triebenstein (1810 m).

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Jetzt sitze ich praktisch am höchsten verbliebenen Punkt dieses alten Korallenstocks und versuche mich in Bildern zurückzuversetzen. Natürlich unterstützt, weil noch immer frisch im Gedächtnis von Bildern aus der Soma Bay. (Alle wunderbaren Unterwasserfotos in diesem Bericht verdanke ich meiner Frau.)

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Welche Korallen hat es vor 300 Millionen Jahren gegeben? Sahen sie jenen in der Soma Bay ähnlich?

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So hätten dann die letzten Meter vor dem Gipfel (Riffdach) ausgesehen:

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Welche Fische sind zu diesem Zeitpunkt der Evolution bereits gelungen?

Gab es den großartigen Picasso bereits?

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Oder den so klug dreinschauenden Kurznasendoktor?

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So ganz kann ich mir das alles nicht vorstellen. Da ist der Blick auf die neue Passstraße nach Trieben schon viel konkreter. Umgekehrt kann man sich beim Schnorcheln über den Riffen am Roten Meer diese grünen Berglandschaften nicht vorstellen.

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Wie ich im Vorjahr erfahren durfte, ist auch der Geierkogel (2231 m) greifbarer als diese Riff-Imaginationen.

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Die ersten Meter nach dem Gipfel sind nicht schwierig. Ob die Überschreitung für mich möglich ist, wird sich ja weisen.

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Ein kleines Latschenfeld ist lästig und drängt mich kurz vom Grat.

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Regelrecht lieblich gestaltet sich die Überschreitung bis jetzt, wie der Rückblick zum Gipfel…

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…und die Vorschau auf den Weiterweg zeigt.

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Doch wird der Grat auf den Kleinen Triebenstein auch einmal ganz schmal.

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Vielleicht sah ja der Kleine Triebenstein einmal diesen Korallen…

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…oder diesen ähnlich? Kann es sein, dass sich in seiner Nähe…

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…die Masken-Falterfische besonders wohl fühlten?

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Ich habe noch das Glucksen, Schwappen und Klatschen des Meeres in den Ohren. Auch das Schaukeln auf den Wellen hat mein Innenohr noch nicht ganz vergessen. Mir geht es wie den Matrosen, die auf fester Erde nach vielen Tagen am Schiff, sehr oft mit dem schwankenden Boden kämpfen. Das macht die Gratbegehung noch ein wenig spannender für mich.

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Rechts im Bild ist die Gaißmauer oberhalb des grünen Almgeländes der Kreutbauernalm zu sehen. Die große Mauer links davon ist die Sunkmauer (1561 m).

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Ich bin nach Überschreitung des höchsten Punktes am Grat schon optimistisch und glaube, es bereits geschafft zu haben.

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Bis zu dieser Stelle war ich nie in Verlegenheit. Jetzt bin ich es aber. Ich halte die Kamera über die Kante und mache ein Foto. Es sind ca. drei Meter senkrecht abzuklettern, und ich kann nicht wirklich wissen, ob ich entsprechende Tritte finden werde. Vermutlich schon, aber um notfalls bei der Hälfte abzuspringen, ist mir das Gelände zu steil.

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Ich benötige für meine Entscheidung nicht lange. Das ist mir zu heikel, ich werde etwas zurückgehen, vom Grat absteigen und diese Stelle umgehen. (Im GPS Track gut zu erkennen).

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Wenige Meter unterhalb des Grates finden sich im schroffen Gelände (sehr steil) Trittspuren. Ich bin nicht der erste, der diese Variante wählt. Diese Spuren führen wirklich an der Abbruchkante vorbei und danach wieder zum Grat. Jetzt will ich aber diese Stelle nochmals von der Vorderseite sehen, und darum gehe ich am Grat ein Stück zurück.

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In meiner jetzigen Gehrichtung wäre die schmutzige linke Seite wahrscheinlich die kletterbare.

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Ich finde die Bestätigung für meine Annahme. Im Aufstieg hätte ich mir das Überklettern dieser Stelle zugetraut. Der Nachteil wäre aber gewesen, dass ich den weiteren Gratverlauf ähnlich dieser Stelle eingeschätzt hätte. Ob ich darauf Lust gehabt hätte? Wir werden es nie erfahren!

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Die Spitzen der Gesäuseberge (Admonder Reichenstein, Ödstein, Hochtor) bleiben den ganzen Tag in Wolken gehüllt.

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Nach einer kurzen Rast steige ich den Grat entlang weiter ab.

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Ich erreiche das Westende des Triebensteinrückens oberhalb der Sunkschlucht (Fels und Höhlengelände). Es handelt sich dabei um altes Bergbaugelände.

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Ich will aber den Weg zur Kreutbauernalm finden. In der Karte ist er punktiert eingetragen, aber nicht markiert. Ich habe mir ein hingehauchtes, selten begangenes Weglein vorgestellt. In der rauen Wirklichkeit sieht der Pfad jetzt so aus:

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Diese mächtige Forststraße führt an der aufgelassenen Alm vorbei. Ich bin zwar nicht müde, aber an diesem halbmagischen Flecken muss ich etwas verweilen.

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Den Zweig der Forststraße, welcher steil in Richtung Sunk führt, lasse ich links liegen. Ich gehe auf der genau am alten Pfad gebauten Forststraße weiter. Zumindest so lange, bis diese wie in einer Sackgasse an der Mittermauer endet. Hier steige ich über diese Wiese hoch und finde den Weg, der mich durch die Mittermauer im steilen Gelände zur Passstraße führen soll.

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Ganz gelingt dies aber auch nicht. Der Weg ist schon sehr verfallen und dürfte nicht mehr begangen werden. Er ist nur rudimentär erkennbar. In einer steilen Rinne verlasse ich den Steig, um diesen gefällten Bäumen auszuweichen. Ich kann eine Forststraße (in der Karte nicht verzeichnet) unterhalb erkennen und steige zu dieser mühsam ab.

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In kurzer Zeit bin ich an der Bundesstraße und gehe auf der alten Passstraße nach Hohentauern zurück. Ein spannender Tourentag endet bei leichtem Regen und mit vielen neuen Eindrücken. Ich ersuche die Paläontologen und Geologen unter den Lesern dieses Blogs, nicht allzu streng auf meine wissenschaftlichen Ungenauigkeiten zu schauen.

Im Anstieg ca. 855 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 10,8 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Rottenmanner Tauern (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

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Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Auferbauer (1987): Niedere Tauern. Verlag Stocker, Graz-Stuttgart.

Debelius (1998): Rotes Meer Riff-Führer. Jahr-Verlag, Hamburg.

Heritsch (1918): Korallen aus dem Kalk des Triebenstein-Sunk bei Hohentauern (Grauwackenzone des Paltentales in Obersteiermark), Graz.

Holl (2005): Niedere Tauern. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.

Jäckle (1926): Führer durch die Östlichen Niederen Tauern. Sektion Edelraute d. Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Wien.