Hochedl und Rieserschneid

Unser heutiges Ziel ist ein „wenig bekanntes und einsames Waldmassiv südl. der Kremsmauer, felsiges Gelände mit seltsam geschichteten Graten und Karen“ (Heitzmann/Harant 1996). Solche Ziele ergeben sich, weil mein Freund eine „Forststraßen-und-markierte-Wege-Allergie“ hat. Diesmal muss er aber einen langen Forststraßenanmarsch, noch dazu markiert, überstehen.

Wir parken am Parkplatz vor dem Jagdhaus Tragl und gehen am markierten Zustieg zur Kremsmauer in den Kaltauer Graben.

Wir wandern an den Abstürzen der Rieserschneid, eines unserer heutigen Gipfelziele,  vorbei.

Der Straßenverlauf erinnert mich irgendwie an den Fischbandwurm des Johannes Gerlitzen in Vea Kaisers „Heimatroman“ Blasmusikpop. Oder auch an ein Fremdenverkehrsprospekt für Mountainbiker, wobei Biken auf dieser Forststraße, wie kann es auch anders sein, verboten ist.

Dominiert wir unsere Anmarschroute natürlich von der großartigen Kremsmauer. Zum Beispiel wird beim nördlichen Zustieg auf die Kremsmauer das Törl auf 1457 m durchstiegen. Fast exakt vor einem Jahr sind wir diese Tour gegangen. Diesen Durchschlupf kann man rechts der Bildmitte dank des blauen Himmels gut erkennen.

Den Auftakt zu unserem heutigen Gipfelquartett macht der Sonnspitz.

Wir entscheiden uns gegen einen direkten Anstieg durchs Unterholz und aufgeforstetem Fichtenwald und bleiben noch auf der Forststraße.

Hier zweigt der Weg zur Kremsmauer rechts ab. Wir gehen noch ein kurzes Stück auf der Straße weiter und nehmen die östlich des Sonnspitzes verlaufende Forststraße bis fast zu ihrem Ende.

An einer kleinen Lichtung weichen wir von der Straße ab und steigen im hellen Buchenwald zum höchsten Punkt.

Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto mit Blick in die Baumwipfel, auf dem Sonnspitz (1263 m).

Ganz nah ragt die Kremsmauer auf. Sie ähnelt einem alten Sägeblatt mit seinen Zacken und Scharten. Rechts im Bild ist das Gipfelkreuz zu erkennen. Das Gipfelkreuz am Westgipfel (1599 m) befindet sich nicht am höchsten Punkt. Dieser ist mit 1604 m rechts der Bildmitte (rechts der tiefen Einkerbung) zu erkennen.

Unser geplanter Weiterweg führt exakt die Gemeindegrenze entlang. Wahrscheinlich durch die Windwurfschäden erforderlich, wurde die Grenze neu ausgemessen und mit rotkopfigen, hüfthohen Pfählen „frisch“ gekennzeichnet. So benötigen wir für den Übergang zum Hochedl nicht einmal das GPS.

Der Waldboden ist von Forstmaschinen aufgerissen und immer wieder müssen wir umgestürzte und liegengebliebene Bäume umgehen oder überklettern.

Rechts meine ich den Hochsalm (1405 m) und Windhagkogel (1334 m) über der Nebeldecke zu erkennen.

Aber es finden sich auch schöne, unberührte Gratabschnitte entlang der Gemeindegrenze. Dieser Abschnitt mit dem Anstieg zum Hochedl wird sich als der  schönste Teil der heutigen Wanderung herausstellen.

Im letzten Anstiegsdrittel zum Hochedl wird es immer felsiger.

Endlich auf der weiten Gipfelfläche angekommen, werden wir vom Großen Priel begrüßt.

Es bietet sich auch ein ungewohnter Blick zum Kasberg (1747 m) und seinen Trabanten wie den Jausenkogel (1514 m), die Schwalbenmauer (1657 m) oder den Hochstein (1405 m).

Wir haben den höchsten Punkt der heutigen Tour erreicht. Obligatorisch und unverzichtbar: langbeiniges Gipfelbild Hochedl (1424 m).

Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf!

Vielleicht träumt Reinhard gerade von dieser windwurfgeplagten und in der Folge von  Holzfällern und Forststraßenerbauern heimgesuchten Gipfelkuppe, in schwarz-weiß.

Hochedl050 (CC)

Nur mit Mühe kann ich meinen Kollegen aus seinem Wohlbehagen in die farbige Wirklichkeit zurückholen.

Ausblick zum westlichen Teil des Sengsengebirges. Im Vordergrund der Brennet (1249 m), rechts davon der Spering (1605 m). Links davon sind die Spitzberge (1366 m und 1396 m) und dahinter ist gerade noch der Ramsauer Größtenberg (1458 m) zu erkennen.

Weiter geht es durch Urlandschaften bis…

…wir wieder auf Holzeinschläge treffen. Dreimal muss Reinhard mit dem Zählen der Jahresringe von vorne beginnen. Danach datiert er das Alter des Baumes auf 223 Jahre. Somit gleicht sein „Pflanzjahr“ dem der Französichen Revolution 1789!

Wir überschreiten den Punkt mit der Höhe 1391 m…

…und haben unser nächstes Ziel bereits in Sichtweite.

Eigentlich ist das Wandern durch diesen gemeuchelten Wald ein trauriges Unterfangen. Frische Forststraßen ziehen überall in den Waldflanken hoch.

Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Rieserschneid (1390 m).

Hochedl von der geschändeten Seite.

Beim Weiterwandern gehen wir kurz süd-westlich und können gerade noch rechtzeitig unseren Kurs korrigieren. Den steilen Abstieg zur Reilerschneid haben wir nicht gleich erfasst (mit nicht erfasst meine ich, wir haben nicht aufgepasst).

Unsere Überlegung war der spätere Abstieg in den nördlichen Abbrüchen. Aber wir fühlen uns beim Anblick der steilen Hänge zurückgewiesen und eindeutig ausgeladen.

Wir hoffen auf freundlicheres Gelände, und so gehen wir immer an der Abbruchkante entlang, durch hellen jungen Buchenwald zum letzten Gipfel weiter.

Schmerzlich müssen wir erkennen, dass diese Forststraße vor uns angekommen ist.

Etwas über der Forststraße, obligatorisch, unverzichtbar und diesmal mit Nordwandblick: Gipfelfoto Reilerschneid (1284 m).

Wir gehen vom Gipfel noch ein Stück östlich und beschließen, am Forststraßenende diesen Hang abzusteigen.

Leichtfüßig und fast schon elegant turnt Reinhard den steilen Abhang hinab. Er dürfte als Kleinkind in Gamsblut gebadet worden sein.

Rückblick auf unseren Abstiegs“weg“.

Es gibt Momente in meinem Bergwanderleben, in denen ich Straßen vortrefflich finde.

Der Anblick dieser Mauern erklärt uns die hohe Gamsdichte in diesem Gebiet. Wir haben sehr viele davon gesehen, aber fürs Fotografieren war ich immer zu langsam.

In

Schattenlagen formiert der Winter bereits seine Kräfte.

Für Vegetarier und vor allem Gämse sicherlich eine Gruselmaschine.

Wir haben uns für eine andere Variante entschiede, als im Führer OÖ Voralpen beschrieben ist. Nachbetrachtet hätte auch diese Variante durch die abgeholzten Hänge geführt. Deren Resümee: „eine sehr anspruchsvolle, lohnende Überschreitung für im weglosen Steilgelände geübte Wanderer“ will ich nichts hinzufügen.

Im Anstieg ca. 1140 Hm und zurückgelegte Entfernung ca.14,6 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region OÖ Voralpen (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Heitzmann, Harant (1996): OÖ-Voralpen. OeAV-Führer, Ennsthaler Verlag, Steyr.