Katzenhirn – eine denkmalerische Wanderung auf wegbröckelnden alten Steigen

Stabiles Hochdruckwetter gibt’s momentan nur unter der Woche. Am Wochenende kommt gezeitengleich der Regen. Berufsbedingt bleibt mir bestenfalls der eine oder andere (heiße) Nachmittag für eine Wanderung. Weil das keine weiten Anfahrten erlaubt, erkunde ich begeistert die nahen Gefilde. Diesmal möchte ich auf einem alten Jagdsteig das Katzenhirn (1159 m) besuchen.

Das mit den alten Steigen ist so eine Sache. Durch den Forststraßenbau und das Auflassen von Almen verlieren viele Steige ihre ursprünglich wichtigen Aufgaben, und werden nur noch selten begangen. Die Natur holt sie sich Meter für Meter, Jahr für Jahr zurück. Nur noch geringe Spuren sind oftmals zu finden, und lediglich ihr Echo hallt in manchen Kartenwerken noch länger nach. Und mit jeder Kartenüberarbeitung verschwinden die Steige auch aus diesen papierenen Weltabbildungen.

Meine heutige Tour…

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…findet sich in Teilen auf der alten Kompass Karte: Den Weg zur Jagdhütte bin ich anders gewandert, aber den Anstieg durch die Fäulwaldung auf den Gipfel bin ich exakt so gegangen.

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Mein Zustieg bis zur Jagdhütte (die nicht mehr eingezeichnet ist) findet sich auf der neuen Kompasskarte aber ohne Weiterweg zum Gipfel.

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Die BEV Karte hat diesen Steig überhaupt eliminiert. So, als hätte es ihn nie gegeben.

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Somit hat diese Wanderung auch etwas Bewahrendes, Archivierendes an sich.

Dass sich das lohnt, zeigen schon Lieselotte Buchenauers Bemerkungen in ihrem 1960 erschienen Hochschwabbuch. Seitenlang singt sie ein Loblied auf diese Steige: „Es fehlt ihnen jede Beziehung zum Touristenstrom. (…) auch die Latschenpfade sind nicht zu verachten, die sich, genial geführt, durch unwegsames Dickicht winden! Und gar erst die Felssteiglein! Wie sind alle klug durchdacht und geschickt ausgeführt in ihrer schlichten und doch kühnen Anlage! (…) In den Stein gehauen, in die Felsen gesprengt, mancherorts sogar versichert, ziehen sie hoch über den Tälern, unter den Wänden, durch die Abstürze dahin. (…) Wieviele Wunder der Natur kann solch ein Jägersteig dem verraten, der still zu beobachten weiß! (…)“

Nach diesem langen Vorspann gehe ich es an diesem heißen Dienstag Nachmittag im wahrsten Sinne des Wortes endlich an. Vom Bahnhof Küpfern…

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…wandere ich die Forststraße den Fäulenbach entlang. Sogar eine Tafel gibt es zu Beginn. „Nur für Geübte“ hat schon seine Berechtigung, wie sich noch herausstellen soll.

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Am Ende der Forststraße gehe ich gerade in den Wald hinein, immer den Bach entlang. Das ist aber falsch. Dieser Bachlauf kommt von Süden und führt mich in unwegsames Gelände.

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Weil keine eindeutigen Wegspuren zu erkennen sind und mich mein GPS immer auf der falschen Bachseite zeigt, werde ich stutzig.

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Und an diesem verwachsenen Ziehweg angelangt, korrigiere ich meinen Kurs. Ich folge dem grünen Weg wenige Meter bergab in nördliche Richtung und treffe auf diese…

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…zarte Tafel und einen roten Markierungspunkt. Der Bach führt fast kein Wasser und ist somit leicht zu übersehen.  Aber jetzt habe ich hoffentlich den Ariadnefaden durchs Wald – und Felsenlabyrinth in der Hand.

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Ich quere den Bach, und ein gut sichtbarer Steig wartet auf mich.

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Anorektisch schmal zieht er rasch hoch. Dieser Steig wird nicht mehr oft begangen. Ein Hungerkünstler unter den Jagdsteigen scheint er zu sein.

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Ich finde Stufen im Fels und uralte vor sich hin rostende Sicherungen. Ich erwäge fasziniert zu sein. Und bin es dann auch.

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Rasch gewinne ich an Höhe.

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Eine kehrenreiche Direttissima ist die Philosophie dieses Steiges. Denn das Gelände durch das er führt, ist schmal und unbarmherzig steil.

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Graues zerfleddertes Gestein ragt auf der gegenüberliegenden Seite übers Baumgrün hinaus. Ob das die Staffelmauer ist?

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Hinter diese Mauer soll mich der Steig führen.

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Nur ein leichter Unterschied in seiner Beschaffenheit und wenige Trittspuren unterscheiden den Pfad von seiner grasigen Umgebung. Der Rückblick auf den soeben gequerten steilen Rasenhang (bei Schnee und Nässe keine Empfehlung) lässt den Weg nur erahnen.

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Nach dem Schrofengelände zieht der Steig in bewaldete Gefilde. Aber auch hier muss ich sehr genau Ausschau halten, um die Wegspur nicht zu verlieren. Viele Rinnen durchziehen diesen Teil des Dürrensteigkamms. Das sind die Kreißsäle der wuchtigstarken Regenbäche. Hier wird geboren, was später unter Toben und Brausen in die Enns stürzt.

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Man braucht schon ein wenig Gespür für den Wegverlauf. Über diesen Windwurf steige ich weiter…

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…bis zu diesem Schlag. Den quere ich, immer auf gleicher Höhe bleibend, mehr nach Intuition, als auf Steigspuren…

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…und komme fast punktgenau zu diesem, mit einer kleinen Leiter entschärften, Felswandl.

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Jetzt bin ich nicht mehr weit von einer Quelle und dem Jagdhaus entfernt. Oberhalb befindet sich schon die Forststraße.

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Der Blick zurück zeigt mir auf der linken Seiten die soeben irgendwie durchwanderten Felsschrofen. Dahinter sind der waldige Rücken mit dem Feichteck (1114 m) und die Rotmäuer (837 m) zu sehen.

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Gleich nach der Quelle erreiche ich die gepflegte Jagdhütte.

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Hinter der Jagdhütte betrete ich die Forststraße. Dieser folge ich, einige Höhenmeter verlierend, bis zum bewaldeten Gratanfang.

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Steiles, felsdurchwirktes Gelände überall.

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Der Waldrücken scheint aber ein friedlicher Geselle zu sein. An dieser Forststraßenkehre lässt er mich auf seinen breiten, gutmütigen Rücken steigen.

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Tatsächlich führt ein zarter Steig, immer auf der breiten Schneide bleibend, hoch.

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Die Hitze macht mir ganz schön zu schaffen. Trotz des lungenerweiternden Geruchs von Chlorophyll erreiche ich mehr hechelnd als atmend den letzten, steilen …

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…Hang und völlig unspektakulär…

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…den Gipfel. Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Katzenhirn (1159 m).

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Wenige Meter nördlich vom Gipfel kann ich viele erst kürzlich besuchte Gipfel sehen.

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In der drückenden Nachmittagssonne werde ich selbst zur Quelle. Mit meinen Schweißbächen tränke ich den Boden, und erst nach einer langen Trinkpause mache ich mich auf den Weiterweg. Immer den Grat entlang in Richtung Burgspitz (1429 m).

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Auf der Westseite verläuft eine nigelnagelneue, nigelsteinneue Forststraße bis fast zum Kamm. Teufelszeug, denke ich mir, und vermutlich mit ein Grund fürs Auflassen des Jagdsteigs.

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In leichtem Bergauf und Bergab ist der Kamm gut zu begehen.

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Ich gelange zum Punkt 1242 m in der Karte. Das ist kein Gipfelfoto, vielmehr habe ich mich selber beim Rasten ertappt. Ich bin mein eigener Paparazzi. Zum Glück habe ich mich nicht beim Pinkeln überrascht, das wäre dann schon ein wenig peinlich.

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Bis zum Burgspitz mag ich nicht weiterwandern, und so verlasse ich auf dieser Wiese, noch vor dem Anstieg auf den Ödboden, den Rücken. Zuerst in direkter Linie steil absteigend, komme ich bald zu einem Waldschlag und an dessen Rand zu einem Hochstand. Und wo ein Hochstand ist, gibt es auch meist einen Jagdsteig.

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So ist es auch hier. Dieser Steig bringt mich in vielen Schleifen…

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…bei dieser Kehre zurück auf die Forststraße.

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Auf dieser Forststraße schlendere ich weit hinab, zurück nach Küpfern. Gut getarnt verstecken sich Schneepartisanen unter dichtem Laub.

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Ich steige noch dem Spießkogel (766 m) neben der Forststraße aufs Haupt…

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…und bewundere die mächigen Weissmäuer (In den Mauern) an der Nordseite des Ennsberges (1373 m).

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Schon kann ich den Bahnhof Küpfern sehen.

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In den Wiesen blüht es um die Wette. Entlang dieser grünen Fruchtbarkeitsexplosionen, welche mir die größte Freude bereiten, aber für den geübten Allergiker eine Alptraum sind,….

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…komme ich zu diesen allergikerfreundlichen Weiden, die wiederum mir ein Alptraum sind. Diese Ballen sind der plastifizierte Heustadeltod. Immer weniger Heustadel finden sich im bäuerlichen Umland. Wie die Telefonzellen verschwinden jeden Tag welche aus unserem Leben.

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Die Wegfindung ist nicht ganz einfach, aber auch wieder nicht wirklich schwer. Ein Gespür für den möglichen Verlauf des Steiges ist jedenfalls hilfreich. Markierungen und zusätzliche Hinweise sind spärlich und zumeist gar nicht vorhanden. Für gesellschaftsmüde Eigenbrötler eine herrliche Tour mit Erweiterungsmöglichkeiten → Burgspitz (1429 m) → Almkogel (1513 m) usw.

Ein Variante dieses Aufstiegs, über Tandelberg, findet man bei Pauli aus Weyer, einem ortskundigen Insider, dem ich eigenartiger Weise noch nie persönlich begegnet bin, aber auf diese Weise grüßen möchte.

Im Anstieg ca. 975 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 13,8 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

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Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

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Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Heitzmann, Harant (1996): OÖ-Voralpen. OeAV-Führer, Ennsthaler Verlag, Steyr.

PanoLab  Beschriftungsprogramm für Panoramabilder Version:  v 1.0.2    © 2007 Christian Dellwo.