Ochsenriedel vulgo Gscheideggkogel (1786 m)

Im schönsten Talschluss der Eisenerzer Alpen liegt noch für Wochen Schnee. Ich nehme einen Tag Auszeit und fahre an einem Wochentag zu einem der beliebtesten Schitourenberge in diesem Gebiet. Welche Geringschätzung muss dieser Berg ertragen: Von Ochsenriedel wurde er in Gscheidegger Kogel umbenannt, ein Schlechtwetter Berg sei er, leicht und von vielen Seiten ersteiglich.

Von Johnsbach gelangen an Wochenenden die meisten Besucher, vor allem im Winter, auf den Gscheidegger Kogel. Ich habe mir darum einen Wochtentag und die Radmerseite ausgesucht. Auch wollte ich nicht den kürzesten Anstieg, sondern wählte den weiteren Weg, über die Schafbödenalm.

Schon vor dem eigentlich letzten möglichen Parkplatz im Radmertal, parke ich mein Auto bei diesem markanten Marterl. Im Radmertal liegen noch 150 cm Schnee. Dies ist selbst für diese Gegend noch eine Menge.

Gleich hinter der Kapelle steige ich in einer Schispur die Wiese zum Waldrand hoch.

Diese Spur mündet in eine Forststrasse, auf der wiederum Spuren erkennbar sind, die vom Talschluss herführen.

Auf der Forststraße steige ich hoch, dabei komme ich immer wieder an herrlichen Waldschlägen vorbei. Vermutlich werde auch ich hier abfahren.

Obwohl ich mich an die in der Literatur empfohlene Route halte und ich der Meinung bin, dass dieser Berg total überlaufen sein wird, gibt es keine Aufstiegsspur Richtung Schafbödenalm.

Diese Fellteile wird kein Tier freiwillig abgelegt haben, aber auch Kampfspuren oder Blutspuren kann ich keine erkennen.

Der kürzeste Aufstieg auf den Gescheidegger Kogel führt über die Pleschalm Jagdhütte. Mein Weg führt südwestlich zur Schafbödenalm.

Auf einmal taucht die frische Spur eines einzelnen Schitourengehers auf.

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In gefühlter absoluter Einsamkeit, geht es im sanften Anstieg aufwärts.

Die letzten Wolkenfetzen verwehen, und der Zeitritzkampel sieht mit Wohlwollen auf meine Anstrengungen.

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Der Schitourengeher vor mir bewegt sich ebenfalls zur Schafbödenalm. Den möglichen Übergang zur Seekaralm hat auch er links liegen gelassen.

Er dürfte Ortskenntnis besitzen. Es ist kein Ziehweg oder irgendeine Markierung erkennbar. Obwohl ich im vorigen Sommer hier unterwegs war, wäre ich ohne seiner Spur zu folgen, einen unbequemen Umweg gegangen.

So finde ich „bequem“ zur märchenhaften, tiefverschneiten, sonnenbeschienen Schafbödenalm.

Südlich der Schafbödenalm baut sich die Lahnerleiten (2027 m) auf. In deren Verlängerung, am Weg zum Heiligenbrunn und dem Leobnertörl, kommt man am Rotwandköpfl vorbei.

Schafbödenalm: ca. 1580 m

Der Winter ist eindeutig der Bildhauer unter den Jahreszeiten. Der Frühling entspricht für mich dem Komponisten, der Sommer dem Literaten und der Herbst ist der Maler unter den Jahreszeiten.

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Meinen eifrigen Vorgänger habe ich mit meinem Tempo natürlich nicht eingeholt, und so folge ich weiter seiner Spur.

Links steigt es zur Lahnerleitenspitze an, und in der Bildmitte ist das Rotwandköpfl erkennbar.

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Endlich ist der Blick auf den Leobner frei.

Ich habe den Kreuzriedel erreicht und kann zum ersten mal mein Tagesziel sehen. Jetzt geht es nur noch den Kammverlauf entlang.

Immer dem Lugauer entgegen. Welch gelungene Tourenwahl. Im Selbstgespräch lobe ich mich ständig für diese tolle Schitour.

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Im Rücken den Leobner, links das Blaseneck und den Reichenstein und die Gsuchmauer, vor mir der Lugauer und rechts der Zeiritzkampel und viele andere, die ich jetzt nicht erwähnt habe.

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Die größte Schwierigkeit stellt sich mit der Entscheidung vor jedem Schritt: stehen bleiben und staunen ob der Schönheiten rundum, oder weitergehen, um auch irgendwann einmal den Gipfel zu erreichen.

Diesen unvorstellbar schönen Kamm im Vordergrund habe ich soeben beschritten – da komme ich gerade her – da war ich noch vor einer Viertelstunde.

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Nur unwissende Schitourenwichte bezeichnen einen solchen Berg „Schlechtwetterberg“. Sollen sie nur bei Regen und Wolken und Sturm heraufkeuchen, um ihren persönlichen Schitourenhöhenmeterzähler hochzujagen.

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Bis zu dreißig Gipfelstürmer sollen sich mitunter zeitgleich am Gipfel befinden. So gesehen habe ich heute Glück. Keinem Menschen werde ich hier begegnen.

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Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Gscheidegger Kogel (vulgo Ochsenriedel) (1788 m).

Eine Überlegung ist der Weiterweg zum niedrigeren Pleschkogel. In Anbetracht dieser Tourenherrlichkeit möchte ich wiederkommen und bewahre mir den Pleschkogel als Gipfelziel auf. So „muss“ ich wiederkommen.

Der nahe Zeiritzkampel.

Hinkareck und links davon der Kammerlkogel.

Hier sieht man links der Bildmitte den Sonntagkogel (1856 m) im Grat zum Blaseneck (1969 m). Dieser könnte vielleicht mein Ziel am Wochenende werden. Rechts der Mitte kann ich den Rotkogel (1782 m) erkennen. Diesen habe ich mit Reinhard bei einer Schitour zum Blaseneck im März 2010 überschritten.

Eine Nahaufnahme vom Lugauer.

Admonter Reichenstein und die Mödlinger Hütte

Nach einem einstündigen Gipfelaufenthalt denke ich doch an die Abfahrt. Nur zwei Spuren führen in die Radmer, und der Schnee ist nicht „verbrannt“.

Dieser Tag liebt mich, und sogar ich kann diesen Hang so würdig abfahren, wie es ihm zusteht.

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Erst im letzten Drittel der Abfahrt wird der Schnee ungenießbar (harschig und danach sulzig).

Wieder beim Auto, melde ich meine gesunde Rückkunft meiner Liebsten und mache mich auf den Heimweg.

Dieser gelungene Tag verlangt aber nach einer Zugabe der kulturellen und spirituellen Art.

Immer schon wollte ich auch die Wallfahrtskirche besuchen. Erbaut wurde sie im Jahre 1602 und dem Hl. Antonius von Padua geweiht.

Gleich gegenüber der Kirche steigt die Böse Mauer 1615 Meter in die Höhe. Aus dem Finstergraben führt ein markierter Wanderweg zum Gipfel mit Gipfelkreuz und herrlichen Ausblicken wie zum Kaiserwart, dem Hochkogel und natürlich dem Lugauer.

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Es ist eine wunderbare Kirche, nur das Existieren einer Lourdesgrotte kann ich mir nicht erklären. Auch bei meiner Recherche im Internet finde ich keine Informationen dazu.

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Am neugestalteten Platz hinter der Kirche findet man diese interessante Sonnenuhr. Dieser Platz gilt auch als besonderer Kraftort in der Steiermark.

Selbst die Amerikaner haben so manche Idee den findigen Bewohnern der Radmer abgeschaut. Nur nicht so gefinkelt. So sieht die Kopie aus:

…und so das Original in der Steiermark:

Im Anstieg ca. 850 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 11,4 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Eisenerzer Alpen (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Schall et al. (2008): Schitouren-Atlas Österreich Ost, Schall Verlag, Alland.

Zeller (2006): BergErleben Bd. 2, Eisenerzer Alpen, Hochschwab West, Verlag Gertraud Reisinger, Spielberg.