Triebenkogel – Tour im Joghurt

Nach dieser Tour weiß ich, wo der Winter den Schnee zwischenlagert, bevor er ihn über der ganzen Steiermark verteilt. Aus vergangen Jahren sind mir die Schneemengen im Triebental schon erinnerlich, aber welche Mengen dieses Jahr noch auf den motivierten Schitourengeher warten, ist unglaublich.

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Es ist Montag, und beim Gasthaus Braun im Triebental steht noch kein Fahrzeug. Ich habe mir den Triebenkogel (2055 m) wegen seiner Vielbesuchtheit zum Ziel erkoren. Da ich wieder alleine unterwegs bin, kann es nicht schaden, wenn ein Tourengeher mich nach einem ernsten Sturz finden würde.

Der Große Grießstein (2337 m) leuchtet in der Morgensonne.

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In der Bildmitte ist der Einschnitt des Wirtstörls  zu sehen, links davon der Doppelgipfel des Geierkogels (2237 m) und rechts die Spitze des Kreuzkogels (2027 m).

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Mit der Vielbesuchtheit ist es offenbar an einem Wochentag im Frühjahr nicht weit her. Nur ein Pärchen trifft noch ein. Diese beiden haben aber eine andere Tour geplant. Sie wollen heute auf den Geierkogel (2231 m) und weiter nach Hohentauern, um dort zu übernachten. Am nächsten Tag über den Kreuzkogel retour (schöne Idee).

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Glück habe ich gleich zu Beginn der Tour, als ich merke, dass sich bei einem Steigfell der Einhängbügel gelöst hat und ich diesen im Auto finde. Ich verklebe ihn neu und hoffe, dass das kein schlechtes Omen ist.

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Ich gehe meterhoch über der Forststraße auf den riesigen Schneemassen. Immer den Graben mit dem Arlingbach entlang. Ohne durchgehende Schitourenspur skate ich (nur gefühlt) in Richtung Kälberhütte.

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Nur an wenigen Abschnitten haben meine Vorgänger Spuren hinterlassen.

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Ich gewinne an Höhe und kann auf die Kreuzkarschneid (1825 m) rechts und zum Kreuzkogel (2027 m) links sehen. Diese Gipfel habe ich bei einer Überraschungs-Wanderung im Vorjahr überschritten. Sie sind gleicherweise Schitourenziele und werden über den Fuchsgraben, ebenfalls vom Gasthaus Braun ausgehend, bestiegen.

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Bis zur Kälberhütte gehe ich größtenteils auf/über der Forststraße.

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Einen Forststraßenhatscher stellt man sich gemeinhin anders vor. Die Schneehöhe ist aber für April ziemlich absonderlich, und so habe ich gelegentlich Probleme, überhaupt auf der Forststraße zu bleiben.

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Ich schwebe über ein riesiges Milchmeer, oder besser noch: Es sieht so aus, als hätte ein Riese sein Joghurt (Naturjoghurt, cremig) in diese Talschüssel geleert, und es ist nur noch dieser Sprung in der Schüssel erkennbar.

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Rückblick zur Kälberhütte, links der Bildmitte ist das Vöttleck (1888 m) zu sehen.

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Selbst von den steilen Osthängen des Kreuzkogels rieselt es schon zu früher Stunde (erhöhter Lawinentagesgang ist für heute prognostiziert) munter in den Talkessel.

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Faszinierend ist für mich, dass ich mir meine Spur gänzlich selbst suchen kann. Mein Weg führt mich durch unberührte Schneelandschaften.

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Endlich kann ich meinen heutige Gipfel sehen. Er hat sich für mich fein herausgeputzt, wirklich glänzend sieht er aus. Einzelne Schneefahnen stauben in die Höhe, also dürfte er noch nicht ganz fertig sein und noch seine Glatze föhnen.

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Ebenso für seine Besucher herausgeputzt: Geierkogel (2231 m).

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Bevor der Anstieg so richtig beginnt, darf ich einen perfekten Wintervormittag erleben.

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Mein Tempo erhöht sich mit jedem Meter, den ich dem Magnetfeld des Triebenkogels näher komme.

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Der tiefe Schnee und der zunehmende Wind verlangen jetzt doch noch gehörigen Kräfteeinsatz. Es ist eigenartig, dass dieser Nordhang dermaßen eingeweht wird. (Am nächsten Tag wird auf lawine-steiermark.at auch von diesem Südwind und den untypisch eingewehten Nordhängen berichtet).

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Ich verlasse die Baumzone, und es sind nur noch 200 Höhenmeter bis zum höchsten Punkt. Ich befinde mich oberhalb des Braunkars und will jetzt den Hang etwas linkerhand queren, um danach in einer Schleife auf den Rücken des Triebenkogels zum Gipfel zu gehen.

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Der Anstieg ist sehr unangenehm. Presspulver, Pulver in eingewehten Rinnen, Bruchharsch und Windharsch. Ich entscheide mich für das Anlegen der Harscheisen. Gesagt, getan – aber die Bindung schnappt nicht zu. Ich putze, ich schüttle, ich schlage – alles ohne Erfolg, die Bindung schließt nicht. Habe ich die Harscheisen falsch befestigt? Das kann nicht sein, selbst ein technophober Mensch wie ich einer bin, kann ein Dynafit-Harscheisen nicht falsch montieren. Jetzt bin ich mir sicher, die Spannfeder ist kaputt.

Ich muss mich entscheiden, Tourabbruch oder irgendwie weitermachen. Was würden Reinhold Messner, Hape Kerkeling oder Felix Baumgartner an meiner Stelle tun? Vermutlich eine Mannerschnitte essen und danach umkehren, und das werde ich auch machen.

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Zuvor überlege ich noch, bis zum Gipfel zu gehen. Aber nach nur wenigen Schritten, die knietief im Schnee verrecken, lasse ich es bleiben.

Mit nur einem Schi im vorsichtigen Zickzack, beginne ich schweren Herzens den Rückzug.

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Die einschiige Abfahrt gelingt mir im steilen Abschnitt ganz passabel. Aber wie gelange ich die weniger steilen Kilometer zum Ausgangspunkt zurück? Ich komme mir mit dem Schi in der Hand so richtig deppert vor. Darum mache ich eine Pause, um meinen Gehirnwindungen eine andere Lösung abzuluchsen. Und das Wunder geschieht – ohne Beteiligung meiner Denkergebnisse. Der Schi liegt in der Sonne und dürfte sich dabei einer Selbstreparatur unterzogen haben. Denn in einem Verzweiflungsakt steige ich nochmals in die Bindung und siehe da – sie schließt. Juchuu!

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Um jetzt doch noch auf den Gipfel zu gelangen, müsste ich die Bindung öffnen, um das Fell wieder aufzubringen. Weiter oben vielleicht nochmals, um das Harscheisen anzubringen. Nein, das riskiere ich nicht, ich bin so dankbar auf beiden Schiern die Abfahrt machen zu können.

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Ganz vorsichtig, jeden Schlag auf die Bindung vermeidend, fahre ich den Antstiegsweg zurück.

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Ich erlaube mir in der Abfahrt keine „Spompanadeln“ und fahre Spieß gerade ab. Ein natürlicher Geschwindigkeitswechsel ergibt sich aus dem Wechselspiel der schattigen, noch harten Abschnitte (Beschleunigung) und den sonnigen, bereits durchfeuchteten Abschnitten (Bremsteppich).

Fast beim Auto angekommen, zeigt mir die Südseite im Triebental schon ihr Frühlingsgesicht. Der Sitzstattriedel (1557 m) auf der anderen Straßenseite ist schon fast schneefrei.

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Wieder in Waidhofen, fahre ich gar nicht erst nach Hause, sondern gehe sofort in mein Sportgeschäft. Die Bindung wird begutachtet, für fehlerfrei und keiner Reparatur bedürftig befunden. Durch ein Stückchen Eis kann die Bindung blockieren. Wie mir versichert wird, bin ich nicht der erste, dem dies zum Verhängnis wurde. Sobald das Eis sich löst, funktioniert sie wieder. Wäre ich bei meinem Schütteln und Schlagen energischer vorgegangen, hätte ich mir den ganzen Trubel sparen können. Jetzt bin ich g’scheiter und ich weiß auch, dass man diesen wichtigen Vorgang „erfahrungsbasiertes Lernen“ nennt. Somit bleibt der Triebenkogel auf meiner Wunschliste – aber sicher nicht allzulange.

Im Anstieg ca. 805 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 12,2 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Triebener Tauern (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

Triebenkogel

Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Auferbauer (2004): Schitourenparadies Steiermark. Verlag Styria Pichler, Graz.

Buchenauer(1975): Verliebt in die Heimat. Leykam Verlag, Graz.

Holl (2005): Niedere Tauern. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.

Jäckle (1926): Führer durch die Östlichen Niederen Tauern. Sektion Edelraute d. Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Wien.

Schall et al. (2008): Schitouren-Atlas Österreich Ost. Schall Verlag, Alland.

Sodamin (2008): Schitouren Obersteiermark. Verlag Styria, Graz.