Schon oft habe ich den Hochanger von der Veitsch oder dem Feistringstein betrachtet und mir seinen Besuch vorgenommen. Ein Wandergipfel, dessen Besteigung, verbunden mit dem Besuch der Nebengipfel, sich zu einer feinen Runde verknüpfen lässt. Und heute, an diesem vielversprechenden Oktobertag, mache ich mich mit Reinhard auf den Weg.
Dass ein herrlicher Herbsttag in den Startlöchern steht, können wir bereits bei unserer Anfahrt am Zellerrain erahnen. Glitzernde Lichtspiele am Himmel und funkelnde Gefrierperlen im Schattengras locken mich gleich einmal vorzeitig aus dem Auto.
Am Seebergsattel parken wir im Sattental. Der schöne Herbsttag schwächelt hier noch ein wenig. Das idyllische Bild täuscht den Betrachter. Es ist kalt, und starker Wind verbläst mir die Frisur. Reinhards Frisur kann der Wind nichts anhaben, denn die existiert nur noch in unserer Erinnerung.
Noch im Schatten steigen wir auf den Schipisten zum Gipfel des Gaibergs hoch.
Diese Bilder zeigen den Machtwechsel in der Natur. Die bunten Blumen verlieren an Schärfe und die vorwinterlichen Raureifblumen gewinnen an Kontur.
Der Hochschwab hat die Reise vom Herbst in den Winter schon angetreten.
Aflenzer Staritzen mit der Seeleiten (1734 m), Mieserkogel (1855 m), Staritzen Ostgipfel (1810 m) und der Krautgartenkogel (1988 m).
Der Skihang ist steil, der Raureif knirscht unter meinen Schuhsohlen, und mein Gesicht und meine Hände betteln nach Sonnenwärme.
Am Ende des Schihangs warten klapprige Liftimmobilien und ein von der Sonne bereits aufgewärmter Reinhard auf mich. Und ganz in der Nähe auch der erste Gipfel des heutigen Tages.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Gaiberg (1410 m).
Die ganze Dullwitz kann ich überblicken.
Der Höchstein (1741 m) mit seinen Edelweißen ist ein einfach zu erreichendes, lohnendes Bergziel am Hochschwab. Der Feistringstein (1836 m) ist ein ebenfalls lohnendes Bergziel, aber ungleich schwieriger zu besteigen.
Weiter wandern wir die Schipiste hinab auf den Rosenkogel zu, halten uns aber weiter rechts und treffen auf eine neue Forststraße. Wenige Höhenmeter verlieren wir noch bis zur nächsten Einsenkung. Hier beginnt ein wunderbarer Steig, der uns bis zum Karlkögerl leiten wird.
Zu Beginn des Steigs überläuft Reinhard eine Waldampel bei Dreifachrot! Er ist manchmal sehr undiszipliniert.
Der Steig ist vielbegangen, es könnte sich auch um eine Reviergrenze eines misstrauischen Jägers in steter Unruhe handeln.
Kurz vorm Karlkögerl können wir erstmals auf den breiten Rücken des Hochangers blicken.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Karlkögerl (1521 m).
Wir befinden uns über den nahen Abbrüchen der Spinnerin. Der Feistringstein zieht wie ein graubrauner Blickmagnet unsere Blicke auf sich.
Unsere schlampige Einstellung markierten Wegen gegenüber hilft uns beim pfadlosen Aufstieg zum Südrücken…
…zwischen Ostereralm und Hochanger.
Wir wollen noch den bewaldeten Hörsterkogel (rechts im Bild) südlich der Osteralm besteigen. Auf einem schmalen Almweg und Kuhpfaden wandern wir…
…über einen kleinen Mugel zur Ostereralm 1565 m.
Fantastische Aussichten auf Wildkamm (1874 m), Veitsch (1981 m) und Rauschkogel (1720 m) öffnen sich.
Den Hochangergipfel haben wir jetzt im Rücken, der muss noch ein wenig Geduld aufbringen.
Wir wandern hinter der Ostereralm vorbei bergan zu diesem Kreuz. Weiter auf einem Jagdsteig, den Zaun entlang, bis zum Gipfel.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Hörsterkogel (1609 m).
Hinter dem Kogel stürzt das Gelände gleich einmal 15 Meter senkrecht ab. Obacht.
Solch abseitige Gipfel erhöhen mein immaterielles Guthaben. Trotzdem sind diese Nebengipfelbesteigungen für uns lediglich „soft law“, also im Zweifelsfall nicht bindend. Wenn kein Zweifel vorliegt, ist eine Besteigung allerdings obligatorisch.
Es geht wieder zurück zur Ostereralm. Junge Menschen sitzen auf Bänken vor den Almhütten und schlemmen die Oktobersonne und den grandiosen Ausblick.
Jetzt bleiben wir am wunderherbstlichen markierten Almweg.
Bereits die erste Oktoberkälte hat die Gipfelkuppe mit weißen Flecken angepatzt.
Wie sehr liebe ich doch diese lang-langsamen Touren mit Reinhard. Ganz ohne die dunkle Seite des Ehrgeizes in den Bergen: die Rivalität um der Rivalität willen.
Dass selbst dieser Gipfel unangenehm werden kann, davon berichtet ein Denkmal. Es erinnert an den Erfrierungstod einer Großmutter und ihres Enkels.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Hochanger (1682 m).
Blick zu Wildkamm (1874 m) und Veitsch (1981 m). Davor der Turntaler Kogel (1610 m) und die Turnauer Alm. Den Missitulkogel (1609 m), dreiundsiebzig Meter unter uns, werden wir heute auch noch besuchen.
Hochschwab.
Ötscher (1893 m), Gemeindealpe (1626 m)
Gipfelkreuzabseits suchen wir unser Jausenplatzerl. Reinhard hat da so seine Ansprüche. Windarm, weich und aussichtsreich mag er sehr. Wir finden solch eine Stelle und bleiben lange am Gipfel. Unser früheres Leben liegt bald Stunden zurück, und wir erinnern uns kaum noch daran. Der Gipfelschnaps besorgt den glücklichen Rest.
Mühsam ist unser Aufbruch. Vermutlich erregt unser voradoleszentes Verhalten Aufsehen. Zum Glück ist niemand dabei, der sich für uns schämen könnte. Vom Gipfel steigen wir auf einen breiten Gratabschnitt (Spuren vorhanden).
Blick zurück auf den Hochanger.
Blick nach vor (links im Bild) zum Missitulkogel.
Auf der wuchtigen Gipfelkuppe finden sich zwei Reihen Eisenschienen in den Boden gerammt. Wozu das wohl dienen mag?
Die Sonne steht schon tief beim obligatorischen und unverzichtbaren Gipfelfoto: Missitulkogel (1609 m).
Den Abstieg wählen wir nicht ganz ideal, weil uns die baumliche Schönheit völlig verwirrt. Wir suchen unseren pfadlosen Weg durch eine völlig verherbstelte Landschaft, bis…
…nach einem kurzen Gegenanstieg die Göriacher Alm (1429 m) erscheint.
Hier bleiben wir fasziniert stehen. Wie hat doch der Herbst der grünen Langeweile den Garaus gemacht.
Von der Alm geht es auf markiertem Weg und einer Forststraße unschwierig durchs Lappental hinab zu unserem Ausgangspunkt auf der Seebergalm zurück. Um zwei bewaldete Gipfel erweitern ließe sich diese Wanderung durch das Übersteigen von Feistereck (1544 m) und Rosenkogel (1397 m), wie es Leopold in seiner Tour am 11.3.2014 gemacht hat.
Wieder einmal haben wir einen ganzen Tag am Berg verblödelt vertrödelt, und wieder einmal war es wonnevoll und vortrefflich.
Im Anstieg ca. 965 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 13,9 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region Mariazeller Berge (Auswahl):
- Firewall (1277 m) via the West Ridge oder wie es im Mostviertel heißt: Brandmäuer über den Westgrat
Brandmäuer (1277m), Turmkogel (1246m), Roßkogel (1040m) - Wildkamm & Veitsch
Sohlenkogel (1474m), Kleine Wildkamm (1757m), Großer Wildkamm (1874m), Hohe Veitsch (1981m) - Nanoschitour vom Niederalpl auf die Wetterin (1530 m)
Wetterin (1530m) - Gippel mit Gippelmauer
Gippel (1669m), Schwarzauer Gippel (1605m) - Sauwand
Stockbauerkogel (1124m), Sauwand (1420m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Diese Runde findet sich in ähnlicher Form in Paulis Tourenbuch. (Abgerufen am 25.10.2016)
PanoLab Beschriftungsprogramm für Panoramabilder Version: v 1.0.2 © 2007 Christian Dellwo.
Baumgartner (2006): Wandererlebnis Mariazeller Land und Ötscher. Residenz Verlag, St. Pölten.
Frischenschlager et al. (1999): Mürztaler Berge (Rax, Schneealpe u. Hohe Veitsch), Hochschwab, Eisenerzer Alpen. Wanderführer, Leopold Stocker Verlag, Graz.
Hödl (2003): Wandererlebnis Hochschwab & Hohe Veitsch, Almen, Gipfelwege, Hütten. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten.
Mokrejs/Ostermayer (2009): Bergwander-Atlas Steiermark. Schall Verlag, Alland.