Die erste Schitour meines Lebens habe ich mit Reinhard (und seiner Ersatzausrüstung) auf den Schnabelberg unternommen. Nicht nur, weil mir seine Schischuhe zu klein und die Schi zu lang waren, blieb mir dieser Tag sehr lebendig in Erinnerung. Sozusagen unter kleinen Schmerzen wurde ein kleiner Schitourengeher geboren. Überhaupt war der Schnabelberg für viele Waidhofner der Ort der ersten Begegnung mit Schi. Auch Alpinschi, denn in meinen Kindheitstagen gab es sogar Liftanlagen am Schnabelberg. Die existieren schon lange nicht mehr, aber weil die Pisten und Hänge nicht zur Gänze zugepflanzt wurden, kann man von der Straße weg auf den Schnabelberg touren.
Von der Eisebahnbrücke ca. 550 Meter entfernt, nach einer starken Rechtskurve bei diesem Holzstadel im Redtenbachgraben, parke ich mein Auto.
Es ist noch um die Mittagszeit sehr frisch (- 3°C), und die Sonne hat sich erst jetzt erfolgreich durch die Frühnebelreste gekämpft. Direkt von der Straße weg existiert, wie immer, bereits eine Aufstiegsspur.
Ein erster besonnter Rückblick. Mein lachendes Herz ist nicht zu sehen.
Nur ein Tourengeher ist weit vor mir. Sonst bin ich völlig einsam unterwegs. Eine seltene Gegebenheit am Schnabelberg.
Der Schnee ist nich so arg zerfahren wie befürchtet. Darüber, und dass ich endlich wieder einmal diese Hausbergtour gehen kann, freue ich mich besonders. Denn die letzten beiden Jahre war das wegen Schneemangels nicht möglich.
Nur eine Querung der Schnabelbergstraße ist erforderlich.
Anschließend werde ich mit einem Blick auf die Stadt der Türme reichlich entschädigt.
Licht und Schattenspiele und ein paar Erinnerungen an das erste Mal auf diesem Berg begleiten mich.
Eine Wegbeschreibung ist nicht notwendig. Ich folge immer den freien Hängen bis zum höchsten Punkt. Außerdem sind deutliche Spuren stets vorhanden.
Ich komme an der Diensthütte der Bergrettung vorbei. Im Hintergrund sind der Buchenberg (790 m) und der Prochenberg (1123 m) zu sehen.
Jedes Jahr im Herbst wird die Piste von allerlei Staudengewächsen befreit. Das machen Freiwillige, die auf viele Schitouren als faire Belohnung hoffen. Manches Jahr bleibt dieses Hoffen von der Natur ungehört. 2014 war so ein vergebliches Jahr. Ohne eine einzige Schneeflocke blieb der Schnabelberg.
Heuer fand das Winseln und Betteln der fleißigen Staudenzupfer aber Gehör. Zugegeben, ich habe nicht mitgezupft – aber gewinselt und gebettelt habe ich auch.
Jetzt befinde ich mich bereits auf Augenhöhe mit der Basilika Sonntagberg (712 m). Nach Mariazell war der Sonntagberg das bedeutendste Wallfahrtsziel in der Monarchie. Bereits im 18. Jahrhundert pilgerten 100 000 Wallfahrer jährlich zur Basilika.
Die Spur ist (wie immer) sportlich ehrgeizig gelegt. Heute geht es wieder einmal mit nur fünf Spitzkehren bis zum Gipfel.
Bei meinem ersten Mal wurde ich hier von einem sehr schnellen Tourengeher überholt – und wie ich so auf seine Hose, Jacke und Stirnband sah, fiel mir auf, dass der mich ja weiter unten schon einmal überholt hat! Ich erlebte quasi eine Umrundung am Berg! Dieser Steigautomat war bereits einmal am Gipfel, ist abgefahren und überholte mich noch einmal. Das empfand ich damals schon sehr kränkend. Hätte ich nicht meine ganze Spucke fürs Schwitzen gebraucht, wer weiß, was ich sonst noch getan hätte. Vor allem auch darum, weil ich von der ungewohnten Bewegung schon ganz schön fertig war und mir gar nicht vorstellen konnte, wie man hier zweimal herauflaufen kann.
Die letzten Waldmeter…
…münden in die große Gipfelwiese.
Die meisten Tourengeher bleiben auf der Wiese, denn der Gipfel ist ohne Gipfelzeichen und nur über einen Zaun steigend erreichbar. Ich mach’s trotzdem. Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Schnabelberg (958 m). Rasten will ich aber in der Sonne.
Der Buddha des unermesslichen Lichtglanzes in seinem Paradies.
Über den Wipfeln blinkert und blinzelt mir fröhlich die Sonne zu.
Der Pantherkogel – der hatte seinen eigenen Lift. Die abgebauten Liftanlagen finden im nahen Schigebiet Forsteralm weiter Verwendung.
An den ersten Metern meiner Abfahrt bleibt mir dezimeterdick der Schnee am Schi kleben. Wie eine Dragqueen auf hohen Plateau-Absätzen stolpere ich durchs Gelände.
Die Schneepakete unter meinen Schiern verliere ich dann doch, und die Abfahrt gewinnt an Schwung. Pappig ist er schon, der Nachmittagsschnee.
Wieder trage ich mich im „Gipfelbuch“ für Schitourengeher mit der Aufschrift Lärchboden 847 m ein. Nur zwanzig Einträge in diesem Jahr überraschen mich. Offensichtlich schreiben sich viele Tourengeher nicht ein. Denn an einzelnen Tagen sind hier schon mehr unterwegs.
Viel zu schnell findet diese Eroberung des Nahen ein Ende.
Die letzten Schwünge setze ich vorsichtig, um nicht doch auf den Wiesenboden durchzufahren. Denn in Talnähe hat es schon viel weniger Schnee. Im Hochwinter, bei guter Schneelage, ist diese Tour die beste Nachmittagsbeschäftigung von überhaupt.
Im Anstieg ca. 561 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 6 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region Ybbstaler Alpen (Auswahl):
- Hippiesteine am Schluchtenwanderweg
Leoferstein (767m) - Berührung mit dem Mostviertel: Maisberg (942 m)
Maisberg (942m) - Auf einem der schönsten Wege im Ybbstal auf den Glatzberg
Fohraberg (855m), Glatzberg (904m) - Sonntagberg mit Schi
Sonntagberg (712m) - Hütterkogel – ein Kleinod im Ybbstal
Hütterkogel (836m), Glatzberg (904m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Heitzmann, Harant (1996): OÖ-Voralpen. OeAV-Führer, Ennsthaler Verlag, Steyr.
Lenzenweger (2009): Eisenwurzen, Nationalpark Kalkalpen. Wanderführer, Bergverlag Rother, München.
Maier (2006): Waidhofen a. d. Ybbs, Spuren der Geschichte. Magistrat der Stadt Waidhofen/Ybbs.
Pöll (1979): Zwischen Sonntagberg und Ötscher, 40 Rundwanderungen. Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten.
Steffan/Tippelt (1977): Ybbstaler Alpen. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.