Auf meiner Suche nach kurzen Skitouren, welche in einem schneereichen Winter Abwechslung für einen Nachmittag versprechen, „finde“ ich den Hiebberg. Nur drei Kilometer unterhalb der Kreuzgruberhöhe (Startpunkt für den viel begangenen Freithofberg) findet diese Tour ihren Anfang. Die Vorzüge dieses Berges wissen vor allem die Neustifter und Großraminger Tourengeher wohl zu schätzen.
Auf der Bundesstraße nach Maria Neustift, ziemlich genau drei Kilometer unterhalb der Kreuzgruberhöhe, biege ich bei diesem Trafoturm und nach dieser Brücke links ab.
Wieder einmal verwirren mich die Angaben vor Ort. Auf einer Tafel ist der Moosgraben ausgeschildert. Der Bach aber heißt Hundsbach und in den Karten ist etwas oberhalb nur ein Fallgraben eingezeichnet. Ich parke mein Fahrzeug gleich nach der Brücke und blicke auf mein bewaldetes Tourenziel.
Rechts vom kleinen Marterl und links neben der schneebedeckten Straße zieht eine schwach erkennbare Skispur hoch.
Ein kurzes Stück folge ich sogar der Spur eines Rehs. Dieses Nachgehen einer Fährte nennen die Waidmänner „ausneuen“.
Links neben der kleinen Baumgruppe liegt das Bauernhaus, an dem ich vorbei muss.
Eine frisch in den Schnee gefräste Loipenspur wird von mir vorsichtig gequert. Ich will sie ja nicht zerstören. Sie ist in ihrer Unversehrtheit sehr einladend und verspricht ein schnelles Auf und Davon, doch ich habe anderes vor.
Ich bin beim Bauernhaus angekommen und sehe die Spur den linken Hang hochziehen. Auf dem Bild sieht er weniger steil aus, als er tatsächlich ist. Dafür ist mein Gipfel weit nach hinten gerückt.
Ich schitoure gemächlich den Hang hoch. Mein erster Rückblick zeigt mir das Bauernhaus, an dem ich soeben noch vorbeigekommen bin und dahinter rechts im Bild, den Freithofberg.
Ganz oben am Hang steht eine kleine Hütte. Türen und Fenster sind winterfest verschlossen. Ihren eigentlichen Verwendungszweck kann ich nicht erahnen. Ich gehe an ihr vorbei, bis ich zu einem Zieh-Weg gelange, welcher links durch den Wald führt.
Ich habe mir diesen Nachmittag freigenommen, und wahrscheinlich bin ich darum an diesem Einheimischen-Berg heute ganz alleine unterwegs.
Bald gelange ich an eine kleine Lichtung. Diese Lichtung schreitet der Zieh-Weg immer am Waldrand bleibend aus. Der kurze Hang ist aber von Abfahrtsspuren durchzogen.
Mein Blick geht zur Kreuzgruberhöhe. Links im Bild befindet sich der Freithofberg und rechts ein steil aufragender Waldberg, dem Hochtausing oder Hechelstein in der Form ähnlich, welcher zumindest in den Karten keinen Namen hat. Unglaublich! Aber die Einheimischen können ihn benennen: Oswaldenkogel (927 m).
Ich befinde mich jetzt im oberen Bereich der kleinen Lichtung und gehe auf den Hochstand zu.
Beim Hochstand angelangt, öffnet sich eine große Weidefläche bzw. Lichtung. Wiederum halte ich mich links und gehe bis zum obersten Weidezaun. Ich will ja ganz zum Gipfel und muss mir heute die Wegführung schon selber suchen. Vielleicht finde ich Spuren oder zumindest einen Durchschlupf im Zaun.
Nur noch diese Baumkohorte stellt sich als schützender Wall zwischen mich (als Eindringling) und den Gipfel (Ziel meiner Bemühungen).
Den Bäumen wachsen vielfingrige Schneehände.
Voila, der Durchschlupf ist gefunden. Für Nachahmer möchte ich empfehlen, noch weiter zu gehen und meine Abfahrtsspur im Aufstieg zu nehmen. Ich habe mir hier ein kurzes, aber gewaltig steiles Stück ausgesucht.
Dieser Schneezunge folge ich solange mit Skiern, bis es mir zu steil und zu eng wird und ich diese abschnalle und ein paar Höhenmeter zu Fuß stapfe.
Das steile Stück habe ich hinter mir. Trotzdem gehe ich mit den Skiern auf der Schulter weiter zum Grat.
Wie durch ein Labyrinth von riesigen Insektenbeinen schlängelt sich mein selbst gesuchter Weg zum Rücken.
Selbst am Grat lasse ich die Skier noch auf der Schulter. Die Sonne und der Wind haben hier der Schneehöhe schon sehr zugesetzt.
Hier finde ich keine Skispuren, und auch beim kurzen Aufschwung zum Gipfel sind keine zu erkennen.
Vieles ist so nah: Bundesstraße, Bauernhäuser, Jagdstände. Trotzdem habe ich in diesem Moment das Gefühl der Ausgesetztheit.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto (Hiebberg 1018 m).
Die Gipfelbuchkassette ist sehr eigenwillig mit Hipberg (1011 m) beschriftet. Das nenne ich erlebte Freiheit am Berg. Sehr konsequent bis in die Rechtschreibung bzw. Höhenangabe gedacht. Dieser Beschrifter lässt sich keine Fessel anlegen.
Sobald meine Körpermaschine in Ruhestellung geht, fällt die Heizung aus. Mir wird schnell kalt. Ich blättere ein wenig im Gipfelbuch und stelle fest, dass sich diese Erhebung bis auf Besuche einiger weniger umtriebiger Bergfexen in den Händen von ein paar Einheimischen befindet.
Ich mache mich an den Abstieg und gehe, noch immer die Ski auf der Schulter, auf dem abgeholzten Grat zurück.
Ich weiß nicht, ob mir der Hochnebel hier Weyer samt Reutkogel und Stubau verdeckt. Das werde ich mir im Frühjahr, bei einem Besuch des benachbarten Halsberges (1042 m), genauer ansehen.
Meinen Rückweg gestalte ich ein wenig anders und gelange ohne Probleme wieder zur obersten Weidefläche. Dort finde ich nur unweit meines Aufstiegsweges wieder einen Durchschlupf im Zaun.
Meinen Abstiegsweg würde ich bei einer neuerlichen Begehung im Anstieg nehmen. Nur wenige Minuten den Hang queren, und danach geht es weniger steil hoch.
Pulverschnee finde ich keinen mehr vor, aber die Abfahrt gelingt ganz passabel.
Hier kann ich meine Aufstiegsspur in der steilen „Schneezunge“ erkennen.
Mit dem Oswaldenkogel habe ich wieder ein Tourenziel in der näheren Heimat gefunden, von dem ich am Vormittag noch gar keine Kenntnis hatte. Dies geschieht mir immer wieder. Mit jedem bestiegenen Berg wecken neue Gipfel meine Begehrlichkeit.
So mancher Landschaft setzt der Winter in diesen Tagen eine Krone auf. Aber der Lauf der Zeit und des Wassers wird aus diesem geschmückten Haupt einen Stein unter Steinen und irgendwann einen geschliffenen Kiesel im Schwarzen Meer formen.
Wieder ist mir eine Eroberung des Nahen gelungen, und im spät nachmittäglichen Licht trete ich meine kurze Heimreise an.
Im Anstieg ca. 540 Hm und zurückgelegte Strecke ca. 5,4 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region OÖ Voralpen (Auswahl):
- Mein Körper-Geist Dilemma und das Maisenkögerl (945 m)
Bräumauer (808m), Maisenkögerl (945m), Hutkogel (1054m) - Hoher Trailing – unbunt
Annasberg (1172m), Hoher Trailing (1237m), Niederen Trailing (975m) - Mittagstein (1262 m)
Mittagstein (1262m), Gamsenbrand (1246m) - Lindaumauer alias Scheinoldstein
Oswaldenkogel (927m), Lindaumauer (1103m), Lindauer Berg (1084m), Halsberg (1042m), Hiebberg (1018m) - Aufschubumkehr: Wanderung auf den Arthofberg (861 m) und Höhenberg (875 m)
Arthofberg (861m), Höhenberg (875m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Heitzmann, Harant (1996): OÖ-Voralpen. OeAV-Führer, Ennsthaler Verlag, Steyr.
Wilhelm Haberfehlner mit einer Beschreibung auf der Seite des Amstettner Alpenvereines.