Heute setze ich meine Eroberung des Nahen fort. Nahe der Kreuzgruberhöhe will ich den Oswaldenkogel (927 m), den Lindauer Berg (1084 m), die Lindaumauer (1103 m), den Halsberg (1042 m) und den Hiebberg (1018 m) besuchen. Ich gehe erst nach dem Mittagessen, und somit ist die Wanderung an diesem warmen Nachmittag mit einigen Hitzemühen verbunden.
Ich habe ihn erst im März entdeckt und seinen Namen erkundet. Heute will ich ihn besteigen. Der Kegel des Oswaldenkogels (927 m) ist mein erstes Ziel.
Nicht nur in der Steiermark finden sich viele kleine sakrale Bauten, Zeichen und Schnitzereien. Im Bauernland Österreich ist das Katholische noch immer landschaftsprägend. Gleich gegenüber der Kapelle kann ich mein Auto parken, und die ersten Meter gehe ich auf der asphaltierten Hofzufahrt zur Jausenstation der Familie Zöttl (Hochramskogler).
Ich wandere aber nicht bis zur Jausenstation, sondern biege dort wo der Grat auf die Straße trifft, gleich ins „Futter“ ab. Noch ist es nur grün und gleicht eher einem Fußballrasen, aber in wenigen Tagen wird es zuerst knöchelhoch, löwenzahnreich und schon bald kniehoch im Saft stehen.
Zuerst erreiche ich die staudenverwachsene Kuppe, um danach durch ein gerodetes Waldstück an den Beginn des Gipfelrückens zu gelangen.
Sehr wechselhaftes Wetter ist für heute angekündigt. Ich bin wetterfeige, und dies ist auch der Grund, kein entfernteres, höheres Gipfelziel anzugehen. Jetzt scheint die Sonne, und die Temperaturen sind schon fast sommerlich.
Das passiert mir öfter: Gehe ich nur ein paar Minuten abseits der Straßen, entweder einen Graben entlang oder einen Hügel hoch, so werde ich oft von Überraschendem verblüfft. Dem Oswaldenkogel gelingt das auch. Fast schon am Gipfel sieht es so aus:
Solch eine Bärlauchflut habe ich nicht erwartet.
Auch hier folgt auf die Flut mondgewollt die Ebbe. Das grüne Band mündet dann doch in die erwartete baumbestandene Gipfelkuppe.
Obligatorisch und unverzichtbar: Oswaldenkogel (927 m).
Ich bin mir schon bewusst, dass ich mit diesem absurden Waldgipfelsammeln etwas absonderlich handle, quasi mich mit anderen Gipfelsammlern in einer Parallelgesellschaft bewege. Zu ähnlich absurdem Tun habe ich in einem Artikel des Standards ein Zitat vom Sänger der „Ärzte“ gefunden: „Großartig abseitige Idee! Ich mag das ja grundsätzlich, wenn man total weit Hergeholtes ganz ernsthaft betreibt“.
Und ja, das Gipfelposing ist notwendig, damit es nicht zu ernst wird.
Tiefblick zur Jausenstation. Links im Bild ist der Sender am Lindauer Berg zu erkennen, und ganz rechts die Lindaumauer. Für die meisten beginnt und endet die Besteigung der Lindaumauer (das eigentliche Ziel vieler Wanderer) bei diesem Biobauernhof.
Ich steige in direkter Linie Richtung Bauernhof ab und denke mir bei den Schafen angekommen, dass das ein Hochgefühl sein muss, nach Monaten im dumpfen, engen Stall endlich wieder so viel Platz und Licht zu haben. Darüber hinaus frisches junges Gras und klare saubere Luft. Ich kann es direkt nachfühlen und werde für Sekunden auch zum Schaf.
Als runde, bewaldete Halbkugel ist links im Bild der Elmkogel (898 m) zu sehen. Nach der Einsenkung führt der Anstieg zur oft besuchten Spindeleben (1066 m).
Der Winter hat sich verflüssigt und hilft jetzt den Farben, wieder ihre angestammten Plätze einzunehmen.
Ich gehe an der Jausenstation vorbei und befinde mich schon wieder im Anstieg. Links im Bild ist der Halsberg zu erkennen, und in der Bildmitte, nur ganz schummrig, schaut der Hiebberg hervor. Der kleine Kogel rechts der Bildmitte gehört namenslos zum Halsberg.
Der gut markierte Weg führt nach der Querung einer Forststraße wieder in Waldgelände. Es ist, als würde ich den Handrücken eines alten Mannes betreten und über dicke Wurzelvenen wandern. Anschließend dreht sich der Aufstiegsweg direkt unter die Lindaumauer.
Hier wurden alle Bäume geschlägert. Vermutlich aber nicht, um die Aussicht zu verbessern. Bei Regen oder sehr nassen Verhältnissen ist der Anstieg sehr rutschig und unangenehm.
Der Steig führt direkt unter die Mauer. Es zweigt vom Hauptweg (nicht zu übersehen) ein Steiglein zum Wandfuß. Hier befindet sich die ca. 170 m lange Lindaumauerhöhle.
Als ich Informationen zur Lindaumauer-Höhle recherchiere, finde ich zwei Sagen auf der Homepage von Norbert Steinwendner aus Grünburg: „Die feurigen Hunde von Lindauberg“ und „Das Kind in der Schatzhöhle“. Als ich vor dem Freischalten dieses Berichtes verlinken will, existiert diese Seite nicht mehr. Schade darum.
Angeblich kann man diese Höhle sehr weit, ohne große Schwierigkeiten begehen. Ich betrete sie aber nur wenige Meter, eben nur so weit, um richtig schmutzig zu werden (Rucksack streift überall und mein Hosenboden ebenso). Ich setze mich dann doch lieber…
…auf die Bank vor der Höhle. Im warmen Sonnenlicht ist mir dann doch wohler.
Nach kurzer Rast gehe ich weiter. Der Weg führt durch ein kurzes, felsdurchsetztes Stück steil zur Hochfläche hinter der Lindaumauer und in wenigen Minuten zum Gipfel.
Der höchste Punkt am heutigen Tag ist erreicht: Lindaumauer alias Scheinoldstein (1103 m).
Weitsicht zeichnet den heutigen Tag nicht aus, und so gehe ich gleich zum Lindauer weiter.
Fast ohne Auf- und Ab führt ein guter Steig durch den Wald…
…zumindest bis zu dieser Lichtung. Am linken oberen Ende der Wiese mündet ebenfalls ein Pfad auf den Grat zwischen Lindaumauer und Sender ein.
Immer den Grat entlang gäbe es auch ohne Wegspuren keine Orientierungsschwierigkeiten.
Lindauer Berg (1084 m) mit Sender.
Keine Aussicht – keine Rast. Ich gehe am selben Weg bis zur Lindaumauer zurück und weiche dort auf die Forststraße in Richtung Halskogel aus. Diese führt in einem großen Bogen wieder unter die Lindaumauer. Dies ist zwar etwas weiter, aber ich bin ja gekommen, um neue Eindrücke zu sammeln.
Ich gehe unter meinem Aufstiegsweg und unter der Lindaumauer vorbei.
Noch vor Erreichen der Forststraßenkreuzung am Hals steige ich durch den Wald hoch. Die Sonne steht schon sehr tief, und das milde Abendlicht schafft eine ganz eigene Waldstimmung.
Der Gipfel laut Karte würde ca. 30 Meter unter meinem jetzigen Standpunkt liegen. Ich suche mir den höchsten Punkt und mache mein Waldgipfelfoto.
Obligatorisch und unverzichtbar: Waldgipfelfoto Halsberg (1042 m).
Danach lasse ich mich in direkter Linie wieder zum markierten Steig „hinabfallen“.
Am Forststraßendrehkreuz „Hals“ mündet auch der kürzeste Anstieg auf die Lindaumauer ein. Von der Südseite (Klammbauer bzw. „Auf der Platten“) führt der Weg mit den geringsten Aufstiegsmetern zu ihr. Vor Jahren bin ich diesen Anstieg bereits einmal gegangen, aber ich kann mich nicht wirklich gut daran erinnern. Mein Weg führt mich jetzt gerade aus in das Unterholz in der Bildmitte. Es geht nur mäßig steil den Bergrücken aufwärts.
Ich komme zu einer „frischen“ Forststraße – die ist noch in keiner Karte verzeichnet.
Kurz danach betrete ich dieses „Wald-Duft-Erlebnis“. Die Sonne entlockt den Ästen und Baumstümpfen alle nur denkbaren Holzaromen. Hier war ich erstmals in diesem Winter (mit den Schiern auf den Schultern), und diese Holzdüfte lagen unter einer dünnen Schneedecke und in der Kälte gefangen.
Zum zweiten Mal in diesem Jahr: Hiebberg (1018 m).
Rückblick zum „Eröffnungsberg“ des heutigen Tages. Dieser Oswaldenkogel ist eine formschöne Angelegenheit.
Mein Rückweg führt mich über den Einschnitt zwischen dem Halskogel und seinem niedrigeren Trabanten.
In einem unkontrollierten Moment nimmt mein Gipfeldrang überhand, und ich besteige auch diesen Trabanten ohne Namen.
In der Karte ist eine Forststraße verzeichnet, die zum Bauernhaus Zöttl zurückführt. Nach kurzer Suche finde ich diese sehr unaufdringliche und wenig genutzte Straße.
Im Präabendlicht (diesen Begriff habe ich mir von Dr. Dr. Sheldon Lee Cooper ausgeborgt) wandere ich gemächlich zurück.
Das Bauernhaus unter der Jausenstation besitzt sogar eine eigene Kleinkirche mit Glockenturm und Glocke. Zu einem anderen Zeitpunkt muss ich mir diese Kapellenkirche genauer ansehen.
Ein Raubvogel kreist in großer Höhe über dem Tal. Für die Feststellung, dass das kein Adler ist, lege ich meine Hand nicht ins Feuer.
Diese Wanderungen auf den heimatlichen Waldbergen empfinde ich ein wenig wie das B-Seiten spielen. Und ich spielte alle B-Seiten auf meinen Schallplatten…
Im Anstieg ca. 900 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 14,2 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region OÖ Voralpen (Auswahl):
- Anleitung zur Vermeidung ausgetretener Pfade: Die Besteigung der Wolkenmauer (638 m)
Wolkenmauer (638m), Rabenreitkogel (713m), Seitwegkogel (755m) - Wanderung ohne Gegend, oder ein Tag in der grauen Grotte.
Geißhörndl (901m), Mittereck (1027m), Fahrenberg (1253m), Brunntalmauer (1183m) - Mein Körper-Geist Dilemma und das Maisenkögerl (945 m)
Bräumauer (808m), Maisenkögerl (945m), Hutkogel (1054m) - Auf das Feichteck (1114 m) bei Weyer
Kreuzberg (611m), Mühleck (648m), Feichteck (1114m), Falkenstein (993m), Rotmäuer (837m) - Sternenstaub im Star Park auf der Hohen Dirn (1134 m)
Hohe Dirn (1134m), Sonnkogel (1177m), Schwarzkogel (1075m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Heitzmann, Harant (1996): OÖ-Voralpen. OeAV-Führer, Ennsthaler Verlag, Steyr.
Lenzenweger (2009): Eisenwurzen, Nationalpark Kalkalpen. Wanderführer, Bergverlag Rother, München.
Radinger (2009): Wandererlebnis Kalkalpen mit Haller Mauern. Residenz Verlag, St. Pölten.
Steffan/Tippelt (1977): Ybbstaler Alpen. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.
Bekannt und doch unbekannt . Bernd Orfer im Online Standard vom 11. November 2005