Über Sieben Hügel musst du gehn…

Den Fesseln der Arbeit entfliehe ich zur Mittagszeit. Dieser Fluchtplan zählt schon lange zu meinem geistigen Handgepäck. Über Sieben Hügel möchte ich wandern, zwischen Waidhofen und Ybbsitz. So nah und trotzdem Neuland, Terra Incognita für mich. Ich bin voller Vorfreude, und meiner Begeisterung kann die auf dem Land lastende Mittagshitze auch nichts anhaben.

Ich parke mein Auto dort, wo das Email zum Kochtopf wird. Hoch über meiner üblichen Laufstrecke entlang der Ybbs, über den traurigen Überbleibseln der Ybbstalbahn, liegt mein grünes Ziel. 

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Ich gehe ein Stück die Bundesstraße entlang zu den alten Villen der Fabriksbesitzer. Wenige Meter nach dem höchsten Punkt zweigt eine Straße ab.

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Schattenlos schlendere ich auf dieser bis zu diesem Haus. Exakt hier mündet auf der rechten Seite ein verwachsener Steig ein. Selbst auf dem Bild ist er fast nicht zu sehen.

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Dieser Steig bringt mich eilgeschwind zu einer ersten Wiese über dem Tal, und ich frage mich, ob sie schon da war oder erst noch kommt – die gelbe Löwenzahnarmee.

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Der Steig mündet in eine steinige Forststraße. Auf dieser begegnet mir eine dunkle Schönheit samt seitlich verrutschter Krone, was ohne Ohren auch nicht verwunderlich ist. Und wenig später wird die Forststraße selbst zur…

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…Albino-Parallelschlange und schlängelt durchs gepflegte Bauernland.

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Aus dem Schatten ihrer Eingangstür winkt mir eine stolze Hausbesitzerin mit ihren gelb gepiercten Ohren freundlich zu.

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Ich gehe an blühenden Weideflächen, alten Obstbäumen und dem Bauernhaus Macholzberg vorbei.

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Das Bauernhaus Macholzberg und in der Bildmitte der Maisberg (942 m). Das Futter steht schon sehr hoch, die erste Mahd wird gemacht.

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Ich bin überrascht von den Weideflächen – die habe ich dort oben nicht vermutet. Diese grünen Teppiche sind vom Tal aus nicht zu sehen. Der Blick nach Osten zeigt mir Ybbsitz und der Blick…

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…nach Westen Waidhofen/Ybbs.

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Abweichend zur Beschreibung dieser Tour von Tippelt (übrigens die einzige, die ich kenne) will ich auch noch auf den Geißberg. Darum setze ich mich über ein Schild mit der Aufschrift „Betreten und Befahren verboten, Privatgrund!“ hinweg und balanciere  auf der Albino-Parallelschlange fast bis zum Gratbeginn des Geißberges.

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Auf einem breiten, mit vielen Föhren bewachsenen Rücken, der bald…

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…schmäler wird und in dessen Mitte auch ein…

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…Mittelscheitel sichtbar wird,…

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…erreiche ich den Gipfel des Geißberges (781 m).

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Unter mir das Bauernhaus Bromreith und Ybbsitz. Über meine Augenhöhe ragt der Maisberg und dahinter der Prochenberg (1123 m).

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Wie der Ausblick auf meinen Weiterweg zeigt, wird das eine baumreiche Angelegenheit.

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Ich überschreite den Geißberg…

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…und steige vorsichtig, einen Steinbruch umgehend, die letzten steilen Meter ab.

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Hier gilt wieder die Beschreibung von Tippelt. Ich wandere bei dieser alten Eiche…

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…mit Hochstand und hochbejahrter, unleserlichen Tafel (Blitz und Theresia kann ich noch entziffern) vorbei.

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Über dem Wiesensattel kann ich zu Eibenberg (779 m) und Glatzberg (904 m) sehen.

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Nach einem Blick zurück weiche ich wiederum von der Beschreibung Tippelts ab und steige über tiefgrüne Wiesen zum höchsten Punkt (858 m) dieser Himmelsweiden auf.

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Angesichts der Höhe ist die Bezeichnung Himmelsweiden vielleicht doch ein wenig überzogen.

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Jetzt kann ich auch den kleinen Taleinschnitt auf der anderen Seite einsehen. Schwarzenbachtal mit Ramberg (735 m). Opponitz ist gerade noch nicht zu sehen.

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Mein Wandern wird zum Waten. Im kniehohen Futter begleitet jeden meiner Schritte ein Sensenmahd ähnliches, saftiges Zischen im satten Gras. Die Löwenzahnarmee war schon hier, und nur noch die Nachzügler bereiten sich auf ihren Abflug vor.

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Wassersatt deckt jedes erdenkliche Grün die sanften Hügel um mich. So verschwenderische Landschaften gibt es nicht viele auf diesem Erdball. Will man einem Ägypter vom Mostviertel erzählen und spricht vom Trinkwasser, das kostenlos von den Bergen fließt und den grünen Hügeln, die auch ohne Hotelbewässerungsanlage blühen, wird man von diesem als Lügenbaron der allerschlimmsten Sorte entlarvt.  „Das Anschauen des Grünen ist Gottesdienst“, soll schon der Prophet Mohammed  gesagt haben. Vermutlich ist auch aus diesem Grund Grün die Kultfarbe des Islams.

Mich kann der Zweifel nicht überraschen, wenn ich an die Heimat eines Ägypters abseits des Nils, denke:

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Was diesem Land die Sand- und Grautöne sind, sind dem Mostviertel die Grüntöne: Föhrengrün folgt Olivengrün, Island-Grün folgt auf Lauchgrün. Salatgrün wechselt mit Spinatgrün. Ahorngrün und Algengrün, Kiwigrün und Moosgrün, Lianengrün und Fichtgrün und Tannengrün und Wiesengrün und Teegrün und Wacholdergrün und, und, und…

Ich bin beim Bauernhaus Gschirr angekommen. Der Blick nach Osten zeigt mir wieder den grünreichen Maisberg und felsdurchsetzten Prochenberg.

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Beim Bauernhaus findet sich sogar eine Tafel mit wegweisendem Pfeil.

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Dieser zeigt aber unglücklicherweise exakt zu den sehr neugierigen Kühen. Abwechslungssüchtig laufen sie mir entgegen.

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Eine ist bei meinem Anblick sogar so aufgeregt, dass sie ihr Wasser nicht mehr halten kann. Vor Freude strullert sie sieben Liter auf meinen Weg zu den Sieben Hügeln.

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Ich kann mich aber davon nicht aufhalten lassen und mime einen Mostviertler Farmer. Ohne Hast und mit breiter Schulter gehe ich an den Tieren vorbei.

Ich will auch gleich wieder auf den Bergrücken, werde aber durch felsige Abbrüche auf einen Ziehweg abgedrängt. Über den „Normalweg“  gelange ich wiederum auf bewohnte Weideflächen.

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Um diese Kühe mit ihren Kälbern, müde vom guten Leben auf dieser Weide, mache ich einen Bogen. Weiter steige ich innerhalb der Weidefläche entlang des Zaunes hoch.

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Dann muss ich doch über den hohen Zaun, um zum unmarkierten Aufstiegsweg zu gelangen.

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Immer deutlicher wird der Weg.

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Ich komme zu einer Abzweigung. Diese lasse ich noch links liegen, denn zuvor will ich noch auf den…

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…Schwarzenbachberg (861 m). Unspektakuläres Gipfelbild, aber obligatorisch und unverzichtbar.

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Ich gehe zur Abzweigung zurück und wandere unter Höhenverlust weiter.

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Schön ist es hier. Ich bleibe immer am Grat, denn hier führt ein schmaler Steig in leichtem Auf und Ab dahin. Habe ich bereits einen der Sieben Hügel überschritten? Ich weiß es nicht.

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Das geht so lange gut, bis die erste vierspurige Forststraße den Rücken zerschneidet. Ich ignoriere sie und gehe am Gratrücken weiter.

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Es finden sich noch alte, blauweiße Markierungen an den Buchen.

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Und noch ein tiefer Forststraßencanyon. Jetzt überkommt mich doch der gerechte Zorn. Forststraßen sind wie gebrauchte Papiertaschentücher oder Plastikmüll. Man findet sie an den entlegensten Orten. Sie verschandeln die Landschaft und nur wenige profitieren von ihrem Nutzen.

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Nach der Überwindung dieses Einschnitts wird der Pfad steiler und steiniger. Aber nur so lange, bis ich am…

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…Kranzerspitz (906 m) ankomme.

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Dieser Gipfel wird fast ausnahmslos von Einheimischen besucht. Und das auch nur von wenigen. Im Gipfelbuch finde ich die Besucherzahlen der letzten Jahre aufsummiert: Im Jahr 2004 wurden 190 Besucher gezählt. Im Vorjahr (2013) haben sich gar nur 183 Wanderer eingetragen.

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Nach einer kurzen Trinkpause gehe ich weiter. Im steilen altblättrigen, raschelnden Gelände laufe ich von Baum zu Baum hinab, als wäre der Laubhaftige hinter mir her.

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Großer Reiz geht von den alten Föhren auf diesem Grasrücken aus.

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Jetzt ist es mir doch zu blöd, mich auf diese Waldlichung zu stellen und ein Gipfelfoto zu machen. Darum Gipfelfoto ohne mich: Reifberggkogel (854 m).

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Nicht oft lassen mich die Bäume ins Land schauen. Hier ein Blick zu Friesling (1340 m) und Bauernboden (1405 m).

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Im Abstieg treffe ich wieder auf Wegweiser. Ich glaube ja, dass die Dosigen bevorzugt von dieser Seite den Kranzerspitz besuchen.

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Ich erreiche das Bauernhaus Schöffau. Bis zum Zaun dieser Weide führt ein schmaler Pfad durch den Wald. Dieser Steig verliert sich in der Weidefläche gänzlich, und so gehe ich in Falllinie hinab. Für Wanderer in der Gegenrichtung kann die freistehende Fichte ein Orientierungspunkt für das Auffinden des Steiges sein.

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In der Bildmitte ist die freistehende Fichte im Wiesengrund zu sehen. Dahinter ist der Steig zu finden. Rund ums Bauernhaus gibt es keinerlei Hinweise. Zumindest habe ich keine gefunden.

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Der bewaldete Mugel vor mir müsste der Hoterberg (824 m) sein. Da führt mich meine heutige Tour aber nicht hin.

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Ich gehe zum sonnigen Bauernhaus Glatz und folge dem Hinweis…

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…eines angejahrten Wegweisers über einen steilen und mitten durch…

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…eine kuhreiche Weide führenden Pfad. Wobei der Pfad sich wieder einmal in der übersprießenden Woad verliert.

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Kühe sind hier nicht zu sehen, denn diese habe ich schnell hinter mir gelassen.

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Wieder beginnt ein Waten durch allerschönste Wiesenflächen. Am Bauernhaus Loimersreith vorbei, über die Straße…

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…weiter auf einem fast nicht mehr erkennbaren Ziehweg. Hier wandere (wate) ich über mittlerweile bekanntes Gelände (aus mit Terra Incognita) zum Bauernhaus…

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…Großhöll.

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Meine Besteigung des Maisberges (942 m) entlang der Winterroute hat mich 2012 auch schon an diesem Kreuz vorbei geführt.

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Ich gelange zur Bundesstraße und zur gemeuchelten Trasse der Ybbstalbahn.

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Schändliches hat sich im Ybbstal ereignet. Zerstörerisch ist nicht nur die Natur in ihren Unwettergewalten, auch der politische Unwille kann es sein.

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An der Bushaltestelle Ederlehen vorbei, gelange ich wieder zu meinem Ausgangspunkt zurück.

Die Orientierung ist mangels Markierung und fehlender Tafeln etwas schwierig. Ungeübten, ortsunkundigen Wanderern würde ich sogar abraten. Ebenso allen, die Angst vor Weidevieh haben. Manche Abschnitte führen unmittelbar durch Viehweiden. Allen anderen lege ich diese einsame Runde gerne ans Herz.

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Im Anstieg ca. 810 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 12,5 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Ybbstaler Alpen (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Meine Quellen:

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Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Steffan/Tippelt (1977): Ybbstaler Alpen. AV-Führer, Bergverlag Rother, München.

Tippelt (1995): Wanderführer Ybbstal & Ötscherland. Ennsthaler Verlag, Steyr.