Gjaidstein (2794 m) – Besteigung einer Felspraline oder vielleicht doch Wanderung auf einem Asteroiden - Gjaidstein Hoher (2794m), Gjaidstein Niederer (2734m)

Hat unsere heutige Tour bereits vor Jahrmillionen ihren Anfang genommen? Als sich nämlich ein erdnussförmiger Asteroid aus seiner röstenden, einengenden Umlaufbahn eines heißen Gasplaneten loslöste, um sich im kalten Gletschereis des noch namenlosen Dachsteins mit einem lauten Zischen einzugraben, um endlich die langersehnte Abkühlung zu bekommen.

Und weiter denkbar wäre, dass aus diesem Asteroiden im langsamen Ablauf der Zeit unser heutiges Gipfelziel wurde. Der Gjaidstein (2794 m). Viele werden es jetzt besser wissen, aber die Fotos der heutigen Tour bekräftigen meine verwegene Theorie.

Eine Hitzeblase bildet sich über Österreich. Wir nehmen uns kurzfristig frei und fahren nach Schladming. Es ist Freitag vor Ferienbeginn, und darum besuchen wir zuallerst den Dachsteingletscher. Wir dürfen am Gondeldach der Hunerkogelseilbahn hochfahren und erfreuen uns mit acht anderen Gästen am grandiosen Panorama.

Rötelstein (2247 m), Raucheck (2139 m) und in der Bildmitte die Dachsteinsüdwandhütte.

Neben der Bergstation ragt der Sky walk mit seinem Glasboden über die Südwände hinaus.

Wir steigen von der Gondel und werden mit einer Schulklasse hinaus auf den Sky Walk gespült. Der Tiefblick zeigt ca. 1000 Höhenmeter unter uns die Talstation.

Eine sehr kluge Gerätschaft benennt uns gerne bei der Durchsicht die Berge in der Ferne.

Gabi erkennt alte Bekannte aus den Vorjahren. Die Steirische Kalkspitze haben wir 2011 von der Ursprungsalm erwandert. Und 2013 von der Reiteralm die anderen drei Gipfel. Dieser Tourentag endete allerdings für Gabi im Badezimmer des Grauens.

Wunderbare Tage habe ich mit der Besteigung des Hochgollings verbracht.

Eher unwahrscheinlich, dass wir irgendwann einmal dort…

…oder da oben stehen werden.

Da ist der Koppenkarstein (2863 m) schon eher in unsere Reichweite.

Wie die Leiber einer müden Elefantenherde ruhen graue Berge im diesigen Licht am Horizont. Im einsamen Abseits dämmert der Grimming (2328 m) als der größte Elefantenbulle vor sich hin.

Wir machen noch ein Foto mit unserem Asteroiden, und dann geht es mit einem Treppenabstieg zum Gletscher los.

Ein riesiger Rüssel…

…schlürft mit seiner klebrig-schwarzen Zunge die müden Besucher vom Gletscher hoch.

Wir wandern mit den andern über den Sorbeteis-Gletscher bis auf Höhe des Südgrats und..

…biegen ins freie Gelände zum Gjaidsteinsattel ab. Vor uns können wir schon die Bergrettungshütte erkennen.

Gabi ist froh, den tiefwässrigen Gletscher verlassen zu können. Ihr ist der feste Fels einfach lieber. Weiter geht es hinter der Bergrettungshütte…

…in Richtung Kleiner Gjaidstein (2734 m). Nur noch Fels und Schnee um uns. Eine Landschaft, wie kurz nach Erschaffung der Welt oder – ein Asteroid.

Asteroideneinschläge auf der Erde hat es immer gegeben, und wie man jetzt weiß, sind die Dinosaurier nicht ausgestorben, weil ein Asteroid auf die Erde stürzte, sondern:

Das übernächste Bild zeigt, wovon Gabi so fasziniert festgehalten wird,…

…es ist der Dachstein in seiner ganzen Herrlichkeit unter einem königsblauen Himmelsgewölbe.

Der Gletscher, der Dachstein und die grauen Wände rundum machen diese Wanderung so besonders.

Menschen werden zu Gletscherflöhen „im Banne der ~~Süd~~Nordwand“.

Dort, wo sich der Gletscher über Kanten und Abbrüche schinden muss, drängen riesige Eistafeln grau schimmernd an die Oberfläche.

Wir müssen uns auch ein wenig schinden. Aber es ist ein sehr vergnügliches und abwechslungsreiches Plagen.

Der Steig bietet keine großen Schwierigkeiten. Das Seil ist dick und immer gut fassbar. Allerdings sollte man schon ohne Höhenangst und schwindelfrei sein. Dann ist dieser Steig in seiner A/B Anforderung auch ohne Klettersteigset machbar.

Immer die Gratschneide entlang, hoch über dem Gletscher, erreichen wir den…

…Kleinen Gjaidstein (2734 m). Darum obligatorisch und unverzichtbar: das Gipfelfoto.

Ebenso unerzichtbar ist für Gabi das Suchen nach Versteinerungen im Dachsteinkalk. Da wir uns aber vermutlich auf einem Asteroiden befinden, wäre der Fund von versteinerten außeridischen Lebensformen wahrscheinlicher. Schon Friedrich Simony hat von Fremdgestein berichtet, das am Gjaidstein nicht zu finden sein dürfte.

Der Weiterweg zeigt sich auf den ersten Blick durchaus anspruchsvoll als eine abwehrende Anhäufung von Steinen.

Zuerst erfolgt ein kurzer Abstieg.

Man kann nicht nur von einer Seite vom Pferd fallen, und für diese Stelle am Grat gilt das auch.

Über schräg geschichtete Felsplatten geht es weiter zum Gipfelaufbau.

Der Blick zurück zeigt die soeben überschrittene, steinige, völlig vegetationsfreie Gratschneide und den Kleinen Gjaidstein.

Nochmals müssen wir einen Aufschwung überklettern.

Und nach dem Aufschwung kommt noch…

…die Schulter des Gipfelfelsens.

Der Rücken verliert an Schärfe und lehnt sich zurück. Nur von ein paar Steinmännchen begleitet, erreichen wir den höchsten Punkt.

Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Hoher Gjaidstein (2794 m).

Die Stimmung am Gipfel ist erhaben, und wir fühlen uns einherzig und einseelig. Frohherzig und sonnenschwer sind wir sowieso.

In völliger Windstille auf 2794 m trocknen wir unsere Leiberl auf den Steinen und verharren in beglückender Gelöstheit lange am Gipfel.

Der Eissee unter dem Taubenkogel (2300 m).

Blick zu Grimming (2351 m), Kammspitz (2139 m) und Stoderzinken (2048 m).

Blick zu Koppenkarstein (2863 m) und dem Ende des Schladminger Gletschers.

Wir können uns einfach vom Anblick…

…des Dachsteins nicht loslösen. Aber Gabi, die diszipliniertere von uns beiden, drängt zum Aufbruch.

Dieser Blick sagt mir, dass ich mich beeilen soll, weil alle gewünschten Fotos sowieso schon zweimal gemacht worden sind. Auch spüren wir bereits den sanften Zwang der Uhr. Durch eine eigenartige Gondelreservierungsregel steht unsere Abfahrtszeit bereits fest und verbietet mir jetzt mein geliebtes Trödeln.

Wanderbares, schmales Graupastell wartet auf uns. Im Hintergrund ist die Bergstation am Hunerkogel zu sehen. Die ist jetzt unser Ziel.

Der Abstieg verlangt größere Geistesgegenwart aber gestaltet sich viel einfacher als vermutet. Gabi legt ein beachtliches, durstbestimmtes Tempo vor.

Am rechten Bildrand kann man die Sicherungen an der Schulter des Gaijdsteins gut erkennen.

Immer wieder bleibe ich stehen und genieße das Obensein. Unter uns befindet sich allaugenblicklich der Hallstädter Gletscher und beobachtet unsere Kletterei. Über uns…

…beobachtet das Zyklopenauge der Sonne unsere Anstrengungen.

In der von mir angestifteten Unvorbildlichkeit schaut Gabi ohne Helm und Klettersteigset drei vorbildlich gesicherten jungen Männern zu. Allerdings verraten sie mit jedem Schritt große Unsicherheit. In schneckenhafter Langsamkeit bewältigen sie diese plattige Stelle, und nie verlässt ihre Hand das Seil. Somit ist es g’scheit und vernüftig, diesen Steig gesichert zu begehen.

Die geringen Höhenmeter und kurze Distanz erklären die Felspraline im Titel. Das ist schon ein echtes Gustostückerl. Bei Nebel oder schlechtem Wetter kann sich das Ganze allerdings in einen gefährlichen Verkutzer wandeln. Die Idee mit dem Asteroiden ist mir beim ersten Anblick der Gjaidsteine gekommen und hält natürlich keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand – aber mir hat’s Spaß gemacht.