Auf nichts sonst mehr war ich aus: Kleinzöbel (1099 m)

Als Laufbursche meiner Abgelegenen-Gipfel-Sehnsucht bin ich nirgends besser aufgehoben, als im Reichraminger Hintergebirge. Darum erzähle ich mit Hingabe von dieser kleinen Wanderung im Waldparadies. Und auch das verrate ich gerne: In meiner Hintergebirgsliste mit allen Tausendern (wird schon bald veröffentlicht) darf dieser Gipfel mit einem eigenen Blogeintrag nicht fehlen. 

Mein Ausgangspunkt ist Weißwasser. Eine lange, wunderbare Forststraßenzufahrt von Dörfl in der Unterlaussa lässt mich tief ins Hintergebirge eindringen, …

… bis zu diesem kleinen Parkplatz.

Eine den Füßen schmeichelnde Forststraße fällt in einem kaum wahrzunehmenden Winkel  …

… bis zur Hirschkogelkreuzung ab.

Es wirbelt kein Laub durch die Luft, weil die Regenfeuchte des Vortages und der Morgentau die gelbroten Blätter an den halbnackten Ästen …

… und am Forststraßenboden festgeklebt haben.

Auf solch geebneten Wegen (geht) kommt meine Wanderenergie praktisch ungefiltert auf die Forststraße. Nur die Straßenränder bremsen ein wenig, dort und da komme ich sogar zum Stillstand, weil das Aufflammen gelben Lichts, wenn sich ein fetter, dicker Sonnenstrahl auf den Straßenrand verirrt, so schön ist.

Herbstlich illuminierte Schachtelhalme scheinen in der Morgenkühle gar ein wenig zu zittern.

Aber auch im Grabenschatten finden sich überall die Augenbotschaften des Herbstes.

Am Hirschkogelsattel (822 m) geht’s links zur Anlaufalm. Geradeaus würde ich am sogenannten Reitweg nach Brunnbach gelangen. Ich gehe jedoch rechts weiter – und beschreite das Forststraßenlasso, welches das Kleinzöbel halb umschlingt.

Irgendwo dort oben ist mein Gipfelziel.

Eine der wenigen Ausblicksmöglichkeiten zeigt mir den Hochkogel (1157 m).

Ich mag den Herbst. Darf man es mögen, wenn die Dinge zu Ende gehen?

Der einzige Ausblick auf das Hochzöbel (1373 m). Bei meiner Überschreitung habe ich dort oben übernachtet: Von der unbedingten Anwesenheitspflicht im eigenen Leben oder eine Biwaknacht & zehn Gipfel am Dürrensteigkamm: Teil 1

Hier beginnt der westliche Zustieg auf den Dürrensteigkamm – mit dem Hochzöbel als erstem Gipfel.

Ich ziehe aber in die gegengesetzte Richtung los und schlage mich dort ins Gebüsch.

Gut begehbares Waldgelände …

… wandelt sich weiter oben mit jedem Schritt in einen verwachsenen Flecken.

Im Gipfelbereich treffe ich statt auf eine kleine Wiese mit Gipfelkreuz (siehe Link am Schluss dieser Tourenbeschreibung) auf ein wildes vegetatives Durcheinander. Ein einziges gehunfreundliches Drunter und Drüber.

Über so ein Drunter und Drüber, eine vegetative Dystonie, dürfte auch mein Körper verfügen. Darum begab ich mich drei Wochen vor dieser Wanderung in die latexbehandschuhten Hände der Elisabethinen in Linz. Mein Leben spürt sich gerade wie aus einem Arztroman an, nur leider bin ich nicht der Halbgott in Weiß, sondern der andere.

Und obwohl die Häckselmaschine des Lebens ihre Arbeit aufnahm, konnte ich mein Innenleben gut davor schützen. Zum Beispiel träumte ich gleich in meiner ersten Nacht im Krankenhaus von meinem Lieblingsschauspieler und stellte mich mir in seiner Rolle und seinem Kostüm in „Die Hexen von Eastwick“ vor.

Aber wie der lebenserfahrene Leser weiß, ist das Schicksal mitunter ein krummer Hund, und am nächsten Tag fand ich mich sehr wohl in einem Jack-Nicholson-Outfit wieder, jedoch aus dem falschen Film: „Was das Herz begehrt“!

Offensichtlich hat mein Schicksal Humor – und so stehe ich jetzt da und trag’s mit Fassung.

Die Tiefe und den Grat meiner Beschädigtheit hat man auch nach einer Woche mit vielen Untersuchungen nicht zur Gänze ausloten können. Vielleicht sollte ich als angehender Korbulenzler entschiedener abnehmen, um meinen unliebsamen Begleitern am Berg, der viel zu schnell eintretenden Atemlosigkeit und dem viel zur raschen Kräfteverfall Einhalt zu gebieten.

Jedenfalls bot meine Krankenklause in Linz fantastische Ansichten.

Doch ist mir die jetzige Aussicht vom Gipfel schon bedeutend lieber.

Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Kleinzöbel (1099 m).

Nordwestlich wandere ich weiter. Nach wie vor schaut es hier wie im Schambereich eines sechzigjährigen Althippies aus: Gewusel, Verwachsungen und Verfilzungen.

Erst als ich den Felsen mit seinen Abbrüchen erreiche, „normalisiert“ sich die Lage.

Sofort wird aller verfügbarer Platz von meiner Unordnung in Besitz genommen.

Den gegenüberliegenden Hochkogel (1157 m) separiere ich in der Gipfelvorratsdose für eine Wanderung mit Gabriele. Die Wagenscharte (1842 m) und Gamsplan (1902 m) befinden sich schon lange in meiner Gipfelvorratsdose. Alle anderen habe ich bereits aufgesucht und im Blog beschrieben.

Hier fehlen mir noch der Kesselkargrat (1925 m) und der Hochturm (1984 m).  Die gehen sich vermutlich mit meinen Möglichkeiten nicht mehr aus.

Blick auf die von Lichtvibrationen durchtränkte und eingehüllte Waldlandschaft.

Am nahen Eibeck (916 m) ist der Abstand zwischen den Bäumen so gering, dass ihre Äste sich berühren, sie wachsen fast ineinander und bilden ein dichtes Geflecht. Man könnte im Sommer kaum sagen, wo ein Baum endet und der nächste beginnt. Aber hier und jetzt im Herbst, mit den unterschiedlichen Braun- Rot- und Grüntönen, geht das ganz leicht.

Erst im Abstieg habe ich diesen Blick auf den gar nicht so einfach ersteiglichen Höhenberg (1320 m): Kein Berg zu abseitig, kein Gipfel zu nischig: Höhenberg (1320 m) im Reichraminger Hintergebirge.

Aus dieser Einsenkung, da befindet sich auch die Kühboden-Jagdhütte, bin ich den Rücken hochgewandert. Wäre ich in der entgegengesetzten Richtung hochgestiegen, …

… wäre ich auf den Dürrensteigkamm und zur Langlackenmauer (1482 m) gelangt.

Im herrlichen Sonnenschein wandere ich wieder zurück.

Jetzt erst begegnen mir die schon viel früher von mir erwarteten Radfahrer.

Und ja, ich gebe es zu, ein Streberpatient bin ich auch – wobei mich diese Zahlen schon erschrecken.

Im Anstieg etwa 420 Hm und zurückgelegte Entfernung nahezu 12,9 km.

Senf dazu? Sehr gerne!

blog@monsieurpeter.at


Darf’s ein bisserl mehr sein?

Weitere Unternehmungen in der Region Reichraminger Hintergebirge & Sengsengebirge (Auswahl):

Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.

Ausschnitt aus Kompass Logo Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.

Die Bildbeschriftung erfolgte mit:
PanoLab Beschriftungsprogramm für Panoramabilder Ⓒ Christian Dellwo.

Meine Quellen:

Kleiner Zöbel, großer Ausblick

Sieghartsleitner(2000): Wandern rund um den Nationalpark Kalkalpen. 45 sorgfältig ausgewählte Familienwanderungen. Ennsthaler Verlag, Steyr.

Sieghartsleitner (2009): Der Nationalpark Kalkalpen Weitwanderweg. Ennsthaler Verlag, Steyr.

Heitzmann, Harant (1999): Reichraminger Hintergebirge (Neuauflage) Ennsthaler Verlag, Steyr.

Ich mag den Herbst. Darf man es mögen, wenn die Dinge zu Ende gehen?“  habe ich mir von Christine Lemke-Matweg ausgeborgt.

FIN