Eine riesenhafte Comic-Heidifigur steht am Abzweiger zur Heidialm. Almöhi, Ziegenpeter, Schwänli und Bärli – überhaupt schuftet das ganze Spyri Personal als schweizer Gastarbeiter auf der Heidialm in Kärnten. Vermutlich serviert in den Stoßzeiten Fräulein Rottenmeier die Heidiwürstel und Herr Sesemann schlichtet als Platzanweiser die Urlauberautos. So gruselig sich das anhört – es funktioniert offenbar.
Noch herrscht Morgenfrieden an diesem touristischen Kulminationspukt in Kärnten. Wir gehören zu den early birds und werden dafür mit ausreichend Parkfläche belohnt.
Die touristische Infrastruktur ist nicht aufdringlich. Der Blick über den See zum Rodresnock (2310 m) gefällt uns schon einmal ausnehmend gut.
Wir wandern das Seeufer entlang und kommen an einem Kinderklettersteig vorbei. Hier tut sich schon einiges. Denn am See gibt es auch ein Heidi-Hotel, und diesem dürften vorfrühstücklich Hotelgastkinder entkommen sein.
Heute soll der heißeste und wolkenloseste und blaueste Himmel Tag dieses Wochenendes sein. Ursprünglich zum Baden gedacht, ist uns das Wandern jetzt doch lieber. Vom See steigen wir Richtung Himmel in ein blass gefiedertes Blau.
Für die meisten Urlauber dienen die Liftstützen als Orientierungspunkte, und diese entlang wandern sie am kürzesten Weg zum Falkert. Wir machen einen kleinen Umweg, weil wir zuvor noch zur Hundsfeldscharte wollen. So oder so wandert man über einen Schihang. Auch ohne optische Liftstützenunterstützung gelangen wir…
…zur Hundsfeldscharte und weiter noch, die wenigen Meter weglos, aufs Falkertköpfl (2197 m).
Im Westen können wir die Nockalmstraße mit der Glockenhütte erkennen.
Die Ostseite ist der soeben erwanderte Skihang in diesem Flachen-Suppenteller-Schigebiet.
Mächtig ragt unser gestriges Gipfelziel auf. Der Rinsennock (2334 m).
Weniger poetisch zeigt sich der ausgewaschene, breite Weg samt Liftstützen zum Falkertgipfel.
Der bewaldete Rücken im Vordergrund reicht zum Oswaldeck (1863 m), dahinter ist der schattige Rücken der Brunnachhöhe zu sehen und wieder dahinter der Große Rosennock (2440 m). Gleich daneben ist der Kleine Rosennock (2361 m) mit dem Predigerstuhl (2170 m) und der Zunderwand zu sehen.
Der Weg vom Klomnock (2331 m) zum Steinnock (2197 m). Herrliches Schitourengelände, denk‘ ich mir.
Zumindest hier, auf zweitausend Meter Seehöhe, herrscht kein Badewetter. Der Wind verbläst jedes Wärmegefühl in die Weiten der Nockberge. Wir halten uns am massenmagnetisch wirksamen Gipfel des Falkerts nicht lange auf. Nur für dieses obligatorische und unverzichtbare Gipfelfoto ist es uns gelungen, ein nur-wir-beide-Foto mit Gipfelkreuz zu fabrizieren.
Da hinüber wollen wir. Ganz menschenlos sieht der Weg zum höheren Rodresnock (2310 m) aus.
Wir nehmen den kurzen, steilen Abstieg in die Falkertscharte. Wir steigen über kleine Felsstufen, vorbei an dankbar wartenden, heftig schnaufenden Gipfelwilligen.
Immer im Blickfeld die Falkertscharte mit ihrem Zustiegsweg vom Falkertsee.
Gabi beschleunigt ihre Schritte, denn nur Bewegung wärmt wirklich.
Und schlagartig vereinsamen wir, sobald wir uns im Anstieg auf die Moschelitzen befinden. Der Falkert testet im Mittagslicht seine Grüntöne. Irgendwo im rechten Bildteil führt ein einfacher Klettersteig durch seine Südseite.
Dieser Anblick macht auch aus mir einen Wolkenwertschätzer. Die weißen Gewänder der Engel bauschen sich über unseren Köpfen und dem Gipfel.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelfoto Rodresnock (2310 m).
Die Faserschmeichler unter den Männern kaufen Schnittblumen und bringen sie ihren Frauen nach Hause. Ich bin eher ein Vollwaschmittel und biete das ganze Programm: ich bringe meine Frau zu den Blumen – wie zu diesem Gipfelikebana zum Beispiel.
Wir durchbrechen die übliche Gipfelbierroutine. Aber was ist nur aus uns Cola-Rot trinkenden Jugendlichen geworden? Cola-ohne-Zucker, Cola-Nada, Cola-Nix, Cola-mit-gar-nix trinken wir jetzt! Das Älterwerden hat viele Gesichter. Eines davon ist das einer hartherzigen Gesundheitsdomina, die nicht viele Spompanadeln erlaubt.
Wie ein Chamäleon testet der Falkert weiter alle seine Grüntonmöglichkeiten.
Bad Kleinkirchheim ist schon sehr nahe und wäre auch leicht zu Fuß zu erreichen. Hier der Blick zu den Schipisten oberhalb von Bad Kleinkirchheim und dem Wöllaner Nock (2145 m).
Eigentlich wollten wir den markierten Gratweg über dem Bärental zum Falkertsee absteigen. Jetzt sehe ich aber, gar nicht weit weg, den Schwarzkofel wie eine Brustwarze aufragen. Die Nockberge sind groß, aber nicht zu groß. Immer hat man den Wunsch weiterzugehen, und das tun wir jetzt auch.
Diese Bilder verraten ein Kleinwenig von der Faszination des Nockenwanderns. Über die Moschelitzen schlendern wir an …
…friedlichen, feschen Nockenkühen und…
…Nockenpilzen vorbei,…
…immer dem Himmel nahe…
…zum Brustwarzengipfel…
…des Schwarzkofels. Und erleben ein Nippelgate der besonderen Art. Denn das ist gar nicht der Schwarzkofel!
Dieser befindet sich weiter unten – das gelingt nur wenigen Gipfeln auf dieser Welt.
Also steigen wir ab und finden ein besonders schönes Gipfelensemble vor.
Obligatorisch und unverzichtbar: Gipfelkreuzfoto Schwarzkofel (2168 m).
Für seine tatsächliche Höhe dürfen noch Vorschläge eingebracht werden. Die Kartographen haben ihm 2168 Meter zugedacht. Weitere Gebote finden sich im Gipfelbuch.
Auf dem Rücken wandern wir jetzt nicht mehr zurück. Weglos queren wir den riesigen Osthang der Moschelitzen.
Gabi geht vor und leitet uns geschickt über die steilsten Passagen, hoch über lawinenzerstörten Stallbauten im Bärental.
Ich hatte usrpünglich Zweifel an dieser Variante und muss mich jetzt mit ihrem Besserwissergrinsen einfach abfinden.
Weiter wandern wir an einem Murmeltierbau vorbei…
…über die unglaublichsten Moospölster…
…bis zu hunderten, allerschönsten Bergwurzen kurz vorm Grataufschwung.
Der Rückweg im steilen Gelände ist uns leichter vom Fuß gegangen, als gedacht.
Wieder bei der Markierung angelangt, geht es den Gratrücken hinab.
Schön langsam kommen uns auch Hungergefühle. Als Aperitif verzehren wir einen Müsliriegel und diese gschmackige Augenjause im Vorbeigehen.
Das mit dem heißen Badetag dürfte aus dem Nachrichtenticker der Kärntenwerbung gemeldet worden sein.
Der Abstieg zum Falkertsee ist eine steile, steinige und mitunter auch feuchte Angelegenheit.
Bevor wir ganz am Seeufer ankommen, wandern wir an dieser Kuhskulptur vorbei. Völlig unbewegt mit Hohlkreuz und wiederkäuend…
…hat sie doppelbäuchig (ein sogenannter Ost-West-Bauch) für unsere sportlichen Bemühungen nur ein mildes Lächeln über.
Auf der Heidi Alm wird echte Volksmusik gespielt,…
…der See blinkt,…
…und in seiner Chill-out-Zone geht es uns so richtig gut.
Wir freuen uns, dass wir dem Heidiland ein paar touristisch unbenutzte Wanderkilometer abzwicken konnten und unsere Nocksucht (Buchenauer) noch zukünftiger Behandlungen bedarf. Therapie wird fortgesetzt.
Im Anstieg ca. 695 Hm und zurückgelegte Entfernung ca. 9,2 km.
Senf dazu? Sehr gerne!
Darf’s ein bisserl mehr sein?
Weitere Unternehmungen in der Region Nockberge (Auswahl):
- Auf der Suche nach kleinen Ekstasen und Schönheit: Pfannock (2254 m).
Pfannnock (2254m), Kl. Pfannnock (2065m) - Hohe Pressing (2370 m)
Bärenaunock (2292m), Peitlernock (2244m), Hohe Pressing (2370m) - Zu zweien allein in den Nockbergen: Gregerlnock (2296 m)
Gregerlnock (2296m) - Großer Königsstuhl (2336 m) – Seenock (2260 m)
Großen Königsstuhl (2336m), Seenock (2260m) - Vom Tschiernock zum Tschierweger Nock
Tschiernock (2088m), Hochpalfennock (2099m), Tschierweger-Nock (2010m)
Besonders Umtriebige können auch noch im Tourenbuch und der Gipfelliste stöbern oder auf der Tourenkarte herum strawanzen.
Meine Quellen:
Ausschnitt aus Karte 4309, Österreich digital.
ⒸKartografie: Kompass-Karten GmbH, Lizenz-Nr.8-0512-ILB.
Buchenauer (1977): Sanfte Kuppen, Schroffe Berge. Leykam Verlag, Graz.
Buck (1997): Die Nockberge Natur und Kultur. Verlag Carinthia.
Katschner (1989): Erlebnis Nockberge: Eines der schönsten Wandergebiete Kärntens. Leopold Stocker Verlag, Graz.
Lehofer (2003): Nockberge, Nationalpark und Gurktaler Alpen. Wanderführer, Bergverlag Rother, München.